Der Schiessbefehl
Es war Mitte der Achtziger und es gab noch ein geteiltes Deutschland, den kalten Krieg, den Wehrdienst und die RAF. Meine Illusion, dass ich mal eben meinen Wehrdienst ableisten kann, ohne ernsthaft von der Waffe Gebrauch machen zu müssen, platzte, als RAF-Anhänger mit Anschlägen drohten. Tatsächlich bekamen wir einen Schiessbefehl.
Ich fand mich nachts auf Streife im Kasernenbereich wieder. Mein Gewehr war durchgeladen und musste für den Fall der Fälle nur entsichert werden. Davor hatte ich Angst. Doch zu beten kam mir genauso wenig in den Sinn, wie auf jemanden zu schiessen. Gott hatte ich für nicht existent erklärt.
Nichts wie weg hier
Jetzt, wo sich die Situation verschärft hatte, wollte ich nachträglich Kriegsdienstverweigerer werden. Doch bevor ich meinen Antrag eingereicht hatte, wurde ich zu einer Reserveübung einberufen. Es konnte keinen ungünstigeren Zeitpunkt geben. Damit hatte eine Antragstellung keine aufschiebende Wirkung mehr. Was, wenn ich tatsächlich wieder antreten müsste?
Ich setzte alle Hebel in Bewegung. Beim Kreiswehrersatzamt bat ich persönlich wegen meines Studiums um Zurückstellung. - «Erstes Semester? Keine Chance!» Ich versuchte also, eine Bescheinigung vom Fachbereich zu bekommen. - «Sie können doch alles nachholen...» Verzweifelt, aber ohne Hoffnung, schrieb ich eine persönliche Erklärung an das Kreiswehrersatzamt, reichte meinen Antrag ein und hoffte, dass ich doch noch als Kriegsdienstverweigerer anerkannt werden würde. Der Termin vor der Reserveübung rückte näher und näher.
Alle Hebel in Bewegung?
Jetzt konnte ich nichts mehr tun, ausser abzuwarten. Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf: «Ob Beten was hilft?» Ganz so sicher war ich mir nämlich nicht, ob Gott nicht doch existiert. Ich versuchte es also mal und betete.
Noch in der gleichen Woche am Freitagabend rief der Vorsitzende des zuständigen Ausschusses bei mir an, ob ich kommenden Mittwoch zu meinem Anhörungstermin erscheinen könne. Als ich am Mittwochmorgen gerade losfahren wollte, erreichte mich noch ein Einschreiben. Darin stand, dass ich von der Reserveübung zurückgestellt würde. Unglaublich!
Das Wunder geschieht
Nach meiner Anhörung musste ich eine Weile warten, bis der Ausschuss über meinen Fall beraten hatte. Doch tatsächlich erkannten sie mich noch nachträglich als Kriegsdienstverweigerer an!
Nach meinem Gebet hat sich alles um 180 Grad gewendet. Für mich war klar: Es gibt doch einen Gott! Doch wieso beantwortet er überhaupt mein Gebet? Bin ich ihm so wichtig, dass er mir zeigen will, dass es ihn gibt?
Wer ist Gott?
Anfangs hatte ich im Neuen Testament nur nach Argumenten für meine Kriegsdienstverweigerung gesucht. Jetzt las ich weiter, um herauszufinden, was es mit Gott auf sich hat. Dass es Gott gibt, war mir durch meine Geschichte klar, und scheinbar hatte er sogar Interesse an mir, was mich völlig verblüffte. Aber es fiel mir schwer zu glauben, dass Gott mir meine Schuld vergeben kann und mich annimmt.
Ich ahnte nicht, wie passend das Johannes-Evangelium, das ich gerade las, für meine Fragen und meine Verzweiflung war. Dort stiess ich auf diese Stelle: «Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tode in das Leben übergegangen.» (Johannes, Kapitel 5, Vers 24)
Es war, als würde Jesus mir durch diese Stelle sagen: «Wenn du glaubst und mir vertraust, dann ist alles möglich, dann ist alles gut.» Und so betete ich: «Jesus, ich will glauben, bitte lass mich glauben und übernimm du jetzt die Regie in meinem Leben!» Und wieder erhörte er mein Gebet.
Zu wissen, dass Gott mir vergeben hat und mich liebt, hat mich und mein Leben völlig verändert. Heute arbeite ich Vollzeit daran, dass auch andere Menschen diesen liebenden und guten Gott kennenlernen können. Denn das ist das Beste, was einem Menschen passieren kann.
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Datum: 11.09.2015
Autor: Miriam Hinrichs
Quelle: Jesus.ch / mystory.me