Die längsten «drei Monate»
Wer mit der Diagnose Krebs konfrontiert wird, steht zunächst unter Schock. Nichts ist mehr wie zuvor. «In solchen Momenten schiesst einem vieles durch den Kopf», hält Sascha im Livenet-Talk mit Markus Hänni fest. «Umgehend gilt es, rechtliche und familiäre Dinge zu klären und wichtige Entscheidungen zu treffen.» In jenem Mai 2022 empfehlen ihm die Ärzte, sofort mit einer Chemotherapie zu beginnen. Sascha erinnert sich: «Es fielen Sätze wie: ‹Von 100 schafft es vielleicht einer…› und ‹Die einzige Chance, die Sie haben, ist, unser nächstes Wunder zu werden…›» Den Familienvater beschäftigt die Frage: «Womit fülle ich diese drei Monate aus?»
Sascha selbst war sieben Jahre alt, als er seine Mutter verlor und in der Folge in einem Heim aufwuchs. Es liegt ihm sehr am Herzen, seinen Kindern – damals ein, drei und fünf Jahre – dasselbe Schicksal zu ersparen. Dieser Wunsch und Wille spornen ihn an, zu kämpfen. Er sagt sich: «Einer von 100 schafft es – und dieser eine will ich sein!»
Aufgewühltes Meer
Es sind die ersten fix geplanten Ferien seit fünf Jahren und es sollen die letzten werden des damals selbstständigen Werbeartikel- und Textilhändlers. Spontan beschliesst Sascha, mit seiner Familie nach Südfrankreich zu reisen. Die Schwiegereltern kommen mit, sind in dieser schweren Zeit für alle eine grosse Stütze. «Wird es meine letzte Reise ins Ausland sein?», sinniert Sascha, als sie die Grenze passieren. Das Mittelmeer vor den Füssen, durchlebt die Familie ein Wechselbad der Gefühle. Immer wieder schlägt sie auf dem harten Boden der Realität auf. Inmitten der unbändigen Emotionen begleitet sie der Humor – manchmal in Form skurriler Gedanken, etwa einer Garantieverlängerung für das Leben… Neben dieser Mischung aus Ernsthaftigkeit und spielerischer Leichtigkeit ist es Saschas Glaube, der ihm hilft, das Unfassbare zu ertragen.
Hoffnungsvoll und gehalten
An folgendem Versprechen in der Bibel hält er sich fest: «Ich werde nicht sterben, sondern leben und die Werke des Herrn verkünden.» (Psalm 118, Vers 17). Die Worte schenken ihm Frieden und eine tiefe innere Gewissheit, die weit über die Prognosen der Ärzte hinausreicht. Unerschütterliches Gottvertrauen, mentale Stärke und Familienzusammenhalt verschmelzen zu einer Kraft, die in diesem Kampf trägt. Wie im Sport, wo die innere Einstellung oft über Sieg oder Niederlage entscheidet, lässt Saschas Haltung ihn hoffen und durchhalten. Er fügt an: «Ich habe bewusst nicht gegoogelt. Statistiken und düstere Prognosen hätten mir nichts genutzt. Ich wollte leben – nicht in Angst erstarren!»
Unverzichtbare Säule
Angst und Sorgen um ihren Liebsten muss auch Saschas Frau Tabea überwinden: «Niemand kann sich vorstellen, was ich durchgemacht habe. Genauso wenig kann ich nachempfinden, was Tabea durchlebt hat. Während ich um mein Leben kämpfte, musste sie funktionieren und eine kaum zu tragende Last stemmen. Meine Frau hielt alle und alles zusammen und übernahm Verantwortung, wo ich es nicht konnte. Tabea war während dieser Zeit quasi alleinerziehend, kümmerte sich um unser sterbendes Geschäft – und bereitete sich gedanklich auf meine Beerdigung vor...»
Auf Heilung ausgerichtet
Trotz der düsteren Prognosen geschieht etwas Unerwartetes. Obwohl Saschas Tumor als unheilbar gilt, ändern sich die Dinge überraschend. Nach der sechsten Chemotherapie kommt die Wende. Die Therapie schlägt so gut an, dass selbst die behandelnden Ärzte sprachlos sind. Die ursprünglich palliative Behandlung kann nun auf Heilung ausgerichtet werden. Mit erhobener Hand und einem Insiderzeichen aus dem Film A Long Way Down formend, springt Sascha ins Besprechungszimmer seines Arztes und ruft: «Hier ist das Wunder!»
Achtsamer durch den Alltag
Heute ist der Tumor zwar verschwunden, die Angelegenheit aber noch nicht abgeschlossen. «Ich bin noch nicht geheilt», erklärt der tapfere Mann. «In der Medizin spricht man erst nach fünf Jahren ohne Rückfall davon.» Doch Sascha ist lebendig und entschlossen. Samt seinen Narben kämpft er weiter, macht anderen Mut, ihre Erfahrungen zu teilen.
Er hat gelernt, achtsamer durch den Alltag zu gehen und verbringt bewusst viel Zeit mit seiner Familie. Zuvor ein unbelehrbarer Workaholic, arbeitet er heute 80 Prozent im Angestelltenverhältnis. Dafür ist er unglaublich dankbar. Ebenso für seinen Geschmackssinn, den er gemäss Prognosen der Ärzte hätte verlieren sollen. Apropos Verlust resümiert Sascha: «Rückblickend habe ich alles verloren – und doch ein neues Leben gewonnen. Ein gebrochener Arm hätte mich nicht gestoppt. Aber diese Krankheit hat mich verändert.»
«Gib niemals auf!»
Die neue Gelassenheit und Lebensfreude strahlt er aus: An einem Vorstellungsgespräch fällt die Frage, wo sich Sascha in zehn Jahren sähe. Seine Antwort: «Das einzige, was mich interessiert, ist, dass ich so alt werde, dass sich meine jüngste Tochter an mich erinnert.» Die Botschaft ist unmissverständlich: «Gib niemals auf! Das Leben ist wertvoll und jeder Moment zählt!»
Saschas Geschichte zeigt einmal mehr, dass die innere Einstellung, Medizin und der Glaube scheinbar ausweglose Situationen wenden können. Wir tun gut daran, unser Auge zu schärfen für die grossen und kleinen Wunder im Leben. Es gibt sie – und es lohnt sich, Ausschau nach ihnen zu halten.
Sehen Sie sich hier den Talk an:
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Datum: 11.03.2025
Autor:
Markus Hänni
Quelle:
Livenet