E-Parteien im Schatten der Grossen
Die beiden evangelischen Kleinparteien haben sich seit dem Zerbruch der Bundeshaus-Klammer durch Verlust zweier Mandate 2007 auseinander entwickelt. Während im Kanton Bern alle linken Parteien ihre Listen verbinden, um Restmandate zu holen, spannen EVP und EDU nicht zusammen. Im Kanton Zürich gibt es eine Listenverbindung EDU-SVP, während die EVP mit CVP, BDP und Grünliberalen um den Erhalt ihres Sitzes kämpft.
EVP im Mitte-Gerangel
Die Situation der E-Parteien unterscheidet sich deutlich, was das Wahrnehmen des Gemeinsamen zusätzlich erschwert. Die politische Mitte ist zwar wieder viel mehr im Gespräch – und ihre Zersplitterung schreitet fort. Dort wo die EVP um Wähler wirbt, spielen gleich zwei Parteien den Reiz des Neuen aus. Sie punkten vor der älteren E-Partei, die vor allen anderen ökologische Verantwortung forderte und die Arbeit für eine solidarische Gesellschaft mit konservativen Werten verbindet. Der differenzierten, lösungsorientierten Mitteposition entspricht das Ergebnis einer Beobachter-Umfrage, dass die EVP am nächsten beim Volk politisiert.
Der EVP-Präsident Heiner Studer stand in der Arena der Parteipräsidenten am Rand. Er überzeugte damit, dass er die Bundesrätin der politischen Konkurrenz in einer Sachfrage lobte. Im Wahlkampf stellte er den Willen zur Lösungssuche in der Konkordanz unter Beweis. Ob das progressive Frauentandem Marianne Streiff/Maja Ingold nach dem Abgang der beiden weitherum geschätzten Nationalräte Aeschbacher und Donzé in der letzten Amtszeit genug Profil aufgebaut hat, wird sich am Wahlabend zeigen.
EDU: «Christentum als unsere Leitkultur»
Die EDU marschiert in Bern allein, in Zürich und Basel, in St. Gallen und im Aargau ist sie Listenverbindungen mit der SVP eingegangen. (Im Thurgau und in der Waadt gehen die E-Parteien mit anderen Mitte-Parteien zusammen.) Sie wird auch medial in Nachbarschaft zur wählerstärksten Partei wahrgenommen. «Politik und Freiheit in Verantwortung vor Gott ist mir wichtig», betont der Zürcher Ex-Nationalrat Zürcher Markus Wäfler sehr grundsätzlich. Er plädiert für das «Fundament einer christlichen Werteskala», Kantonsrat Stefan Dollenmeier für das «Christentum als unsere Leitkultur».
Der Berner Andreas Brönnimann, für Christian Waber vor zwei Jahren ins Bundeshaus gekommen, sei «auf allen Polit-Ebenen erfahren», wirbt die EDU-Zeitung auf dem Cover ihrer Wahlnummer. Brönnimann räumt ein, dass seine «Anfragen und Vorstösse meistens ablehnend beantwortet werden». Doch könne der ausgestreute Samen «vielleicht später einmal aufgehen und wachsen».
Wo ist die Religionsfreiheit gefährdet?
Mehrere Parteipräsidenten, die von der Menschenrechtsorganisation CSI über ihre Haltung zur Religionsfreiheit befragt wurden, sehen diese in der Schweiz durch das Minarettverbot gefährdet oder verletzt. Die Garantie der Glaubens- und Gewissensfreiheit in der Bundesverfassung bedeutet für Christian Levrat (SP) heute vor allem, die Kultusfreiheit der Nicht-Christen zu schützen.
Hans Moser (EDU) meldet hingegen, dass Schweizer, die sich «für biblische Werte einsetzen, immer mehr Widerstand in den Schulen und der Öffentlichkeit spüren». Für die Zehn Gebote habe die Gesellschaft oft kein Verständnis.
Der EVP-Präsident Heiner Studer, der sich jahrelang im Bundeshaus für Verfolgte einsetzte, betont, dass die Glaubens- und Gewissensfreiheit auch Freiheit von der Religion einschliesst.
Datum: 14.10.2011
Autor: Peter Schmid