Jede vierte oder fünfte Kirche

Deutschland: 10'000 Kirchen sollen «profaniert» werden

Kirchengebäude werden geschlossen
Der Rückgang der Mitgliederzahlen der beiden grössten christlichen Institutionen in Deutschland zwingt sie dazu, Hunderte von Gotteshäusern zu verkaufen oder abzureissen.

Laut einer Untersuchung der Süddeutschen Zeitung wurden seit 1990 bundesweit 603 römisch-katholische Kirchen und 444 Gotteshäuser der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) «profaniert», was bedeutet, dass sie nicht mehr für Gottesdienste genutzt werden. Im Falle der evangelischen Kirche wurden die Gebäude entweder verkauft oder abgerissen.

Bis 2033 wird «jedes vierte oder fünfte Kirchengebäude nicht mehr für seinen ursprünglichen Zweck genutzt werden», sagt die Architekturprofessorin Stefanie Lieb. In der Praxis würde das bedeuten, dass in 10'000 deutschen Kirchen keine Gottesdienste mehr gefeiert werden.

Ein Beispiel für diesen Trend ist laut PRO, dass das Bistum Essen bereits 2006 bekannt gab, dass es ein Drittel der Gebäude nicht mehr finanzieren könne. Viele dieser Kirchengebäude wurden verkauft und von neuen Eigentümern für private Zwecke wie Restaurants, Fitnesscenter oder Geschäfte genutzt.

Ursache: starker Rückgang der Mitgliederzahlen

Der Grund für diese Progonose ist der stetige Rückgang der Mitgliederzahlen der beiden Kirchen. Die Zahlen des Jahres 2023 zeigen, dass die römisch-katholische Kirche in Deutschland 628'000 Mitglieder und die evangelische EKD 593'000 Mitglieder verloren hat.

Dabei geht es einmal um Austritte von Mitgliedern, die sich nicht mehr mit diesen Kirchen identifizieren. Aber auch der Tod von Kirchenmitgliedern und der Rückgang der Taufen von Neugeborenen wirken sich auf die negative Statistik aus. Die Schrumpfung der Mitgliederzahlen führt zu einem deutlichen Rückgang an Kirchensteuern, einer wichtigen Einnahmequelle sowohl der katholischen Kirche als auch der EKD.

Auf der anderen Seite sind viele Kirchengebäude alt und ihre Erhaltung ist aufwands- und kostenintensiv. Laut PRO kostet allein im südlichen Bundesland Bayern die Instandhaltung katholischer Gebäude jedes Jahr über 100 Millionen Euro.

Experten warnen vor der Gefahr, dass viele historische christliche Gotteshäuser in die Hände «gieriger Investoren» fallen. Alternative Nutzungskonzepte kosten viel Geld und Kraft. Leere und abgerissene Kirchen bedeuteten immer auch den Verlust eines Begegnungs- und Ruheraums für Christen, erklärt Pfarrer und Architekt Jörg Beste. Die Variante, die eigene Kirche unter Denkmalschutz zu stellen, bringe keinen Mehrwert. Nach den Worten von Matthias Pfeil vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege werde man sich dran gewöhnen müssen, dass viele heilige Gebäude «irgendwann mal sehr profan werden».

Zum Thema:
Talfahrt beenden: Möglichkeiten, um den Rückgang der Kirchen zu bremsen
Wim Annen: Ein Immobilinmakler rettet Kirchen
Häufung weltweit: Nehmen Kirchenschliessungen zu?

Datum: 25.09.2024
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet/ Evangelical Focus/ PRO

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung