Prüft alles und das Gute behaltet
Was mir in diesem Vers entgegenkommt, ist erst mal die grosse Freiheit, die ich am Evangelium so liebe. Die Welt steht uns offen, wir dürfen «alles» prüfen. Da ist nicht von Anfang an schon etwas verboten. Mir kommt der Satz von eben demselben Paulus in den Sinn: «Es ist alles erlaubt – aber nicht alles ist nützlich.» Das Christentum ist eine Religion der Freiheit. Wir sind in die Welt hineingestellt. Und am Anfang steht nicht «das und das darfst du nicht», keine Denkverbote, sondern man soll es anschauen und prüfen. Also erstens die Freiheit.
Seid nicht naiv – prüft
Dann aber auch: «Seid nicht naiv, sondern prüft es.» Das unterscheidet Freiheit vom Chaos. Einfach alles in sich reinschlucken, das wäre Chaos. «Prüft alles» heisst: Schaut es an. Wenn möglich, geht doch ein bisschen tiefer. Glaubt nicht nur oberflächliche Schlagworte der sozialen Medien. Schluckt keine Halbwahrheiten, die oft so glatt runtergehen. Unterscheidet Echtes von Falschem. Seid euch bewusst, dass nicht alles gut ist.
Natürlich gibt es vom Wort Gottes her Dinge, die uns nicht erlaubt sind und die uns nicht gut tun. Und darum ist es eine der wichtigsten Voraussetzungen für unseren Vers, dass man seine Bibel gut kennt. Denn unser Gefühl ist nicht immer der ideale Ratgeber.
Behaltet das Gute
Hier ist wieder der Ton der Freiheit. Wenn man geprüft hat, heisst es nicht primär «Das Falsche lehnt ab», sondern «Behaltet das Gute». Der Akzent ist ein positiver. Das, was gut ist, könnt ihr für euch behalten und anwenden. Was ihr ausgeschieden habt, lasst hinter euch, fertig.
Natürlich werden wir auch darüber diskutieren, was denn das «Gute» ist, und da sind wir uns auch nicht immer einig. Darum soll die Gemeinschaft der Christen ein Ort sein, wo man auch streitet und diskutiert, was denn nun ist das Gute ist, das man behalten soll. Der Massstab des Prüfens ist letztlich ein dreifacher: Wort, Geist und die Gemeinschaft. Zuerst die Bibel, erleuchtet durch Gebet und den Heiligen Geist – und diskutiert und abgesichert in der Gemeinschaft der Heiligen.
Die Geschichte der Christenheit war immer wieder von Gesetzen geprägt, und es gibt immer wieder neue Regeln, in neuen Büchern festgehalten. Das Neue Testament wendet sich selbst gegen diese Regelitis, die uns vorschreiben will «Man darf nicht heiraten, man darf das und das nicht essen» (1. Timotheus Kapitel 4, Vers 3) und so weiter. Heute heisst es oft «ein echter Christ sollte…»
Regeln sind – mit Mass angewendet – hilfreich, Gesetze können töten. Unser Vers hilft: Tief durchatmen, prüfen – und dann entscheiden, was gut ist und was ich behalte. Ich werde nicht zum Sklaven irgendwelcher Lehrer, egal wie hoch die Auflagen ihrer Bücher sind. Unser Vers ruft zum Selberdenken und zu wachem Christsein auf, das nicht einfach von Traditionen lebt, sondern ein lebendiger Prozess ist. Gerade in der heutigen Zeit, wo so viele Einflüsse uns von allen Seiten beeindrucken wollen, ist dieses Prüfen mit positivem Ausgang eine wichtige gute Übung, die uns auch geistig und geistlich lebendig hält. So werden wir uns in eine bessere Richtung weiterentwickeln.
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Datum: 01.01.2025
Autor:
Reinhold Scharnowski
Quelle:
Livenet