Das Schweigen der Lämmer
Für Petrus war die Sache klar: «Wir können's ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben.» (Apostelgeschichte 4,20) Später ergänzte der Apostel: «Seid immer dazu bereit, denen Rede und Antwort zu stehen, die euch nach eurem Glauben und eurer Hoffnung fragen.» (1. Petrus 3,15) Zugegeben: Diese Unbedingtheit hat das Evangelium bei mir nicht immer. Ich kann durchaus schweigen.
Selektiv schüchtern
Mein Nicht-Reden über Jesus liegt zum Teil daran, dass ich selektiv schüchtern bin. Das mag sich seltsam anhören, heisst aber konkret, dass es mir zwar nichts ausmacht, mich vor 500 Leuten hinzustellen und etwas zu sagen. Auch über meinen Glauben. Aber sobald ich mit jemandem unter vier Augen spreche, fällt es mir schwer, auf den Punkt zu kommen. Manches an dieser Schüchternheit liegt sicher in meiner Person begründet – so bin ich einfach. Doch ich merke, dass viele meiner Bedenken auch mit Vorurteilen zusammenhängen, die ich sehr einfach angehen kann. Zum Beispiel, wenn ich denke, dass Leute heute eben nicht an Jesus interessiert sind. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.
Menschen suchen Orientierung
Es mag sein, dass einzelne nichts vom Glauben an Jesus wissen wollen. Allerdings habe ich auch von diesen bisher nichts Schlimmeres gehört als ein «Du, das interessiert mich nicht». Viel häufiger erlebe ich allerdings bei Gesprächen ein grosses Interesse für geistliche Fragen. Vordergründig geht es dabei nicht um Kirche, Bekehrung oder die Bibel, aber oft um persönliche Orientierung, um echte Werte und immer wieder darum, was im Leben wirklich zählt. Egal, ob am Global Outreach Day oder in meinem normalen Alltag, – sobald ich es tue, merke ich, dass es gar nicht so schwer ist, von meinem Glauben zu reden. Mir persönlich hilft es dabei, mein Gegenüber mehr in den Blick zu nehmen als irgendeinen 5-Punkte-Plan, den ich abarbeiten will.
Entspannung ist angesagt
Ich kann sowieso niemanden «zum Glauben bringen». Das entspannt die Situation erheblich. Ich überlasse es Gott, was er aus einer Begegnung oder einem Gespräch macht. Manchmal heisst das, dass ich abwarte, bis man mich etwas fragt. Und manchmal merke ich, dass Gott mir Menschen in den Weg stellt, dann suche ich aktiv das Gespräch. Nur das Ergebnis, das überlasse ich gerne Gott. Neben dieser entspannten Grundhaltung sind mir im Laufe der letzten Jahre folgende Dinge wichtig geworden, wenn ich mit anderen über den Glauben rede:
- Der Wert von Gemeinschaft: Reden hat seine Zeit, doch oft gehört der Zachäus-Faktor dazu: «Heute muss ich bei dir zu Gast sein.» Gemeinsam verbrachte Zeit, besonders beim Essen, ist eine wunderbare Möglichkeit, dem anderen zu zeigen, wie wertvoll er mir ist, und einen Rahmen zu schaffen, in dem wirklich wichtige Themen zur Sprache kommen können. Die wenigsten können und wollen so etwas auf der Strasse «erledigen».
- Der Wert von Gebet: «Du, kann ich für dich beten?» So etwas hätte ich mich früher kaum getraut, doch inzwischen mache ich dieses Angebot öfter. Bei Freunden wie völlig Unbekannten. Bisher hat noch niemand abgelehnt. Ohne irgendetwas zu begründen und zu erklären, bringe ich so Menschen in Kontakt mit einer unsichtbaren Wirklichkeit, die sie vielleicht sogar ablehnen, von der sie aber im Grunde ihres Herzens wissen, dass sie sie brauchen. Nebenbei gibt mir das einen guten Anlass, später einmal nachzufragen: «Du, was ist eigentlich aus der Sache geworden, für die ich gebetet habe?»
- Der Wert jedes Glaubens: Natürlich bin ich von meinem Gott überzeugt und glaube an ihn. Doch ich brauche meine Haltung nicht dadurch zu stärken, dass ich andere Glaubens- und Lebensentwürfe schlechtmache. Im Gegenteil: Meiner Erfahrung nach nehmen andere mich in meinem Glauben genauso ernst wie ich sie. Weil ich von Natur aus neugierig bin und weiss, dass mein Gott jedem Vergleich standhält, frage ich deshalb gern, was andere glauben, was ihrem Leben Halt gibt.
Das Schweigen der Lämmer?
Manchmal bekomme ich trotz vieler guter Erfahrungen, die ich inzwischen gemacht habe, den Mund immer noch nicht auf, wenn es um Jesus geht. Doch das peinliche Schweigen in meinem Leben wird weniger. Auch dadurch, dass ich immer mal wieder tief Luft hole, über meinen Schatten springe und einfach anfange. Nick Vujicic macht mir und uns dazu Mut – für den G.O.D. und die Zeit danach: «Geh hinaus, mach einen Schritt im Glauben. Tu etwas, was du vorher noch nie getan hast!»
Zum Thema:
Dossier: Global Outreach Day (G.O.D.)
Mutmacher: Persönliche Evangelisation
Sein Reich komme: Wie zu mir, so zu meinem Nachbarn
Datum: 30.05.2015
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet