Ein bekennender Christ als Ministerpräsident
Am vorvergangenen Sonntag haben die Finnen gewählt. Und sie haben sich gegen eine Fortsetzung der Regierung von Alexander Stubb entschieden.
Juha Sipilä ist bekennender Christ, erfolgreicher IT-Unternehmer und Familienvater. Er hat mit der bisher oppositionellen Zentrumspartei gut 21 Prozent der Stimmen erhalten. Damit hat er die Wahl gewonnen, muss aber noch Koalitionspartner für eine Regierung suchen.
Der Politiker
Sipilä ist seit 2012 Parteivorsitzender der liberalen Zentrumspartei. Seine relative Unbekanntheit in Finnland hat wahrscheinlich sogar zu seinem Wahlerfolg beigetragen. Beobachter gehen davon aus, dass mit seiner Wahl der Wunsch nach einem Neuanfang verbunden ist. Die vorherige Regierung war 2008 in eine Parteispendenaffäre verwickelt, die wirtschaftliche Lage des skandinavischen Staates ist ernst und die Arbeitslosigkeit hoch. Im Wahlkampf hatte sich der Politiker als erfolgreicher und bodenständiger Unternehmer präsentiert und versprochen, die Wirtschaft des Landes wieder in Schwung zu bringen. «Unser Land verdient Besseres», hatte Sipilä in seinem Blog geschrieben. «Die Politik muss zu einem Klima des Vertrauens zurückkehren.» Der Selfmade-IT-Millionär kündigte darüber hinaus an, Finnland wie ein Unternehmen zu führen, und ergänzte: «Wenn ich in vier Jahren nichts erreicht habe, gehe ich.»
Der Christ
Juha Sipilä ist lutherischer Christ. Der 54-Jährige zählt sich zur pietistischen Bewegung «Rauhan Sana» (Wort des Friedens) und der Bewegung des «Laestadianismus», einer wertkonservativen Gemeinderichtung, die durch besondere Innerlichkeit und Gefühlsbetonung geprägt ist. Sipilä ist kirchlich stark verwurzelt und unterstreicht, dass er in der Kirche «viele wichtige lebenslange Freundschaften» pflegt. Seinen Glauben beschreibt er laut dem evangelischen Nachrichtenmagazin idea kurz und pragmatisch: «Ich lese in der Bibel und bete.» Seine christlichen Werte seien auch der Grund, warum er sich für Benachteiligte einsetze. Allerdings achtet der Politiker darauf, Religion und Politik nicht zu vermischen. Deshalb spricht er in der Öffentlichkeit auch kaum über seinen Glauben.
Der Familienmensch
Der finnische Ministerpräsident ist mit Minna-Maaria Sipilä verheiratet. Die beiden haben fünf inzwischen erwachsene Kinder und sechs Enkel. Im Februar starb jedoch überraschend ihr jüngster Sohn mit 20 Jahren bei einer Routineoperation. Sipilä schrieb darüber in seinem Blog: «Das sind die schwersten Worte, die ich je geschrieben habe.» Der gläubige Lutheraner setzte den Wahlkampf für zwei Wochen aus und nahm sich Zeit für die Trauerarbeit. Nun steht er vor einer gewaltigen Aufgabe. Er muss erst einmal eine mehrheitsfähige Regierung bilden und dann daran arbeiten, das Land aus der Wirtschaftskrise herauszuführen. In solch einer Situation ist es nicht nur eine Floskel, beim kommenden Amtseid zu sagen: «So wahr mir Gott helfe…»
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Datum: 27.04.2015
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet