Mission made in Afrika

Gegenbewegung: Äthiopien will nicht mehr missioniert werden

Reiche christliche Europäer schicken ihre Missionare ins arme heidnische Afrika. Dieses Klischee stimmt schon lange nicht mehr. Längst gibt es auf dem schwarzen Kontinent Volksgruppen, in denen die überwiegende Mehrheit Christen sind. Diese machen sich ihrerseits auf den Weg, um Menschen für Christus zu gewinnen. So wie die Sidama in Äthiopien.
Äthiopien

Die Sidama in Äthiopien sehen sich nicht länger als Empfänger der Mission. Ihre Einstellung hat eine längere Geschichte. Darauf wies Jack Bryan, der selbst aus Äthiopien stammt, unlängst im Magazin «Christianity Today» hin.

1935 eroberten die faschistischen Truppen Mussolinis Äthiopien (das damalige Kaiserreich Abessinien). Die Missionare im Land mussten fliehen bzw. wurden dabei ermordet. Doch längst wuchs die christliche Kirche unter dem südäthiopischen Stamm der Sidama. Und die Christen dort schworen einen ungewöhnlichen Eid: «Wir werden ihren Tod rächen, indem wir selbst Missionare aussenden!» Trotz Verfolgung und Unruhen setzten sie dieses Ziel Schritt für Schritt um. Heute gibt es unter den Sidama 80 Prozent protestantische Christen und über 1'000 Gemeinden, die 250 Missionare nach Äthiopien und in Nachbarländer aussenden. Bryan betont: «Diese Gemeinden könnten der Beginn der nächsten globalen Missionsbewegung sein.»

Lokales Wachstum

Äthiopien ist mit 105 Millionen Einwohnern das Land mit der zweitgrössten Bevölkerung Afrikas. In den letzten 40 Jahren wuchs der Anteil der evangelikalen Christen beständig von 3 (1970) auf 19 Prozent (2015). Praktisch täglich entstehen neue Gemeinden – und «viele von ihnen betonen eine Vision, die weit über ihre Mauern hinausreicht, egal ob sie aus Lehm oder Zement sind» (Bryan).

Wondimu Game ist der Leiter des Gemeindebundes «Mekane Yesus» (Haus Jesu). Er unterstreicht: «Unser Plan ist ziemlich ehrgeizig. In den nächsten zehn Jahren wollen wir 500 Missionare aussenden.» Die Missionsspenden scheinen ihm recht zu geben. 2012 gaben die Christen seiner Gemeinden beim jährlichen Missionssonntag 12'000 Birr (370 Euro / 400 Schweizer Franken), 2017 waren es bereits 3 Millionen Birr (92'000 Euro / 100'000 Schweizer Franken). Zusammen mit den laufenden Spenden der einzelnen Gemeinden bildet dies eine gute Basis für die ausgesandten Missionare.

Joshua Bogunjoko ist Nigerianer und der internationale Direktor der SIM (Sudan Interior Mission). Er freut sich am schnellsten Gemeindewachstum Afrikas in Addis Abeba, der äthiopischen Hauptstadt. «Dies ist das Ergebnis vom Wachstum und der Reife der äthiopischen Gemeinde», stellt er fest.

Globales Wachstum

Seit dem Fall der kommunistischen Militärdiktatur Derg 1991 erfuhr die Gemeinde einen deutlichen Wachstumsschub. Worku Hailemariam aus Addis Abeba betont: «Jahrelang, jahrzehntelang, sogar über die Jahrhunderte hinweg waren wir Empfänger. Wir müssen wieder an Mission teilhaben – lokal und global. Die Zeit ist reif.» Westlichen Missionsgesellschaften sagt er klar: «Mission ist nicht die Verantwortung des Westens, sondern der Kirche … äthiopische Kirchen haben Missionare schon immer ermutigt zu gehen und kulturüberschreitend zu dienen – in neue Gebiete, wohin das Evangelium noch nicht gelangt ist.»

Er unterstreicht: «Wenn jemand aus dem südlichen Äthiopien kommt, dann geht er in den Norden, Osten oder Westen. Das bedeutet jeweils eine neue Sprache, eine neue Volksgruppe und einen neuen Kontext.» Was aus unserer Sicht seltsam introvertiert erscheint, wird deutlicher, wenn wir uns klarmachen, dass in Äthiopien um die 120 ethnische Gruppen vorkommen – wenige Hundert bis mehrere Millionen Menschen. «Missionar» ist ein relativ neuer Begriff, bisher hiess das «meliktinyaoch», Botschafter des Evangeliums.

Wachstum unter anderen Volksgruppen

Äthiopische Christen gehören zu den Menschen, die völlig problemlos zum Beispiel unter den Fulani arbeiten können. Diese 40 Millionen mehrheitlich islamischen Nomaden leben in über 20 afrikanischen Staaten. Sie sind bekannt für ihre gewalttätigen Aktionen gegen Christen, doch «die ähnliche Hautfarbe kann eine Möglichkeit für den Dienst sein» (Worku). Mohammed selbst soll in einer Hadith verfügt haben, dass Äthiopier nicht verletzt werden sollen. Deshalb sind viele Muslime bis heute positiv gegenüber Äthiopiern eingestellt.

Kulturübergreifende Mission fällt den äthiopischen Missionaren bis heute schwer – allein aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten. Doch inzwischen bekommen sie Unterstützung aus dem Ausland: Zum Beispiel von den 140 äthiopischen Gemeinden in den USA. Mehari Korcho aus Denver stellt klar: «Ich habe eine grosse Leidenschaft für die Einheit im Leib Christi. Ich will nicht, dass die Menschen der südlichen Halbkugel die Geschichte wiederholen… In der Vergangenheit war der Westen allein auf Mission ausgerichtet. Wir hatten keine Chance zusammenzuarbeiten. Jetzt gibt es eine enorme Chance für uns alle zusammenzuarbeiten, anstatt nur an Veränderung zu glauben.»

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Datum: 28.08.2019
Autor: Hauke Burgarth / Jack Bryan
Quelle: Livenet / Christianty Today

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