Weites Pendeln kann krank machen
Roland Stettler sprach darüber an einer Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Klima – Energie – Umwelt (AKU) am 25. Juni 2011 in Aarau. Für den Oberarzt für ambulante Dienste der Klinik Sonnenhalde (Riehen) entspricht die Mobilität einer Sehnsucht des Menschen. Doch gerade die Arbeitspendler, die jeden Tag weite Strecken zurücklegen, erfahren auch die Kehrseite dieser Mobilität. «Täglich mehrstündige Fahrten erzeugen mit grosser Wahrscheinlichkeit Stress», stellt der Oberarzt fest. Er stellt vermehrte Unzufriedenheit fest und hört Klagen über psychosomatische Symptome von Menschen die sich nicht mehr wohlfühlen. Ein Phänomen, das Laut Stettler heute in allen Bildungs- und Sozialschichten auftritt.
Bis zum Herzinfarkt
Viele Betroffene gerieten in eine Erschöpfungsspirale, beobachtet der Psychiatriearzt. Sie litten unter Muskelschmerzen und erhöhtem Blutdruck. Eine Folge dieser Dynamik könnten die totale Erschöpfung oder gar ein Herzfinfarkt sein. Einige werden von Suizidgedanken geplagt. Besonders betroffen seien die Wochenpendler, die weit weg von der Familie arbeiten und nur übers Wochenende nach Hause kommen. Zwar empfänden viele von ihnen die klare Trennung zwischen Arbeit und Familienleben positiv. Doch 69 Prozent von ihnen fühlten sich durch dieses Pendeln belastet, mehr als jeder Zweite ist permanent erschöpft, und 27 Prozent erfahren negative Folgen für die Partnerschaft und die Familie.
Verantwortung der Unternehmen
Was tun? Stettler ruft einerseits die Unternehmen zur Verantwortung. Sie müssten sich flexibel im Blick auf die Arbeitszeiten zeigen, damit die Betroffenen ihre Beziehung zu Partner und Kindern pflegen könnten. Dazu gehörten auch ein Verzicht auf unnötige Geschäftsreisen, mehr Telearbeit und eine pendlerfreundliche Terminplanung. Bei Pendlern zwischen den Kontinenten sei auch der Einbezug der Familie auf Veränderungen des Arbeitsortes sowie die Unterstützung bei der Rückkehr ins Heimatland wichtig.
Raum für Musse
Die Betroffenen selbst müssten dafür sorgen, dass sie «der Musse Raum geben» und zum Beispiel die Sonntagsruhe pflegen, statt sie mit neuen Aktivitäten zu füllen. «Denn die Sonntagsruhe ist Teil der Menschenwürde», sagte Stettler auf eine Frage aus dem Publikum. Wer sich bewusst Zeiten der Ruhe gönne, erlebe die Mobilität befriedigender, ergänzte der Referent.
Selbstcheck
Zum Schluss gab Stettler allen, die intensiv im Arbeitsleben gefordert sind, drei Fragen mit, die jeder selbst beantworten muss:
1. Achte ich genug auf mich selbst, meine Rhythmen, Bedürfnisse und Körpersignale?
2. Wie verantwortlich und wertschätzend bin ich mir selbst und den mir wichtigen Personen gegenüber?
3. Entspricht meine Arbeit meinen persönlichen Wertvorstellungen und Lebenszielen?
Webseite:
Arbeitsgemeinschaft Klima, Energie, Umwelt (AKU)
Datum: 04.07.2011
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet.ch