Markus Baumgartner

Toxische Kirchen!? – Nichts sagen geht nicht

Markus Baumgartner im Livenet-Talk
Nicht nur Worte, auch Mimik und Gestik kommunizieren. Gleich wie eine Kirche, die sich nicht äusserst, wenn sie medial angegriffen wird. Im Livenet-Talk zeigt Markus Baumgartner auf, wie wichtig eine angemessene Reaktion ist.

 «Es gibt kulturelle Gräben zwischen Kirchen und der säkularen Welt, sie müssen überwunden werden», erklärt Markus Baumgartner, Medienverantwortlicher des Dachverbands Freikirchen.ch. «Medien bieten sich dazu an.» Aus Überzeugung wurde der ehemalige Banker vor 35 Jahren Journalist und setzt damit die Einladung von Jesus um: «Geht hin in alle Welt und predigt das Evangelium.» Damit sei nicht nur Wortverkündigung gemeint. Baumgartner betont: «Alles, was Kirchen oder Missionen diakonisch unternehmen, ist auch Kommunikation.»

Doch ihm ist es ein Anliegen, aufgrund des Fachkräftemangels Mitarbeitende für Medienarbeit zu schulen, neue Journalisten zu gewinnen und auszubilden. Dies war auch das Ziel des Weiterbildungstags Kommunikation, der letzten Freitag in Aarau durchgeführt wurde. Zusammen mit Daniela Baumann von der Schweizerischen Evangelischen Allianz SEA hat ihn Baumgartner moderiert, der Dachverband Freikirchen Schweiz und die SEA luden dazu ein und über 220 Interessierte nahmen teil.

Wichtigkeit wird erkannt

Dass nicht nur Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit oder angehende Journalistinnen, sondern auch Gemeindeleiter und Pastorinnen dabei waren, freut Baumgartner. Die zwölf Workshops hätten eine bunte Palette an Themen geboten, die sich sofort praktisch umsetzen lassen. Webseite, Video oder Podcasts erstellen, Storytelling, Reden in der postmodernen Welt oder Krisenmanagement gehörten dazu.

Um den Teilnehmenden einen herausragenden Referenten präsentieren zu können, lud Baumgartner den Agenturgründer und Kommunikator Klaus Motoki Tonn aus Hamburg ein. Seine Präsentation war inspirierend und interaktiv, er jonglierte mit Piktogrammen, die er gekonnt zu Geschichten zusammensetzte und damit die spielerische Seite der Kommunikation aufzeigte. Viele der Teilnehmenden hätten ihm gern noch länger zugehört, weiss Baumgartner.

Kernkompetenz der Kirchen

«Kommunikation hat stark mit unserem Verhalten zu tun», hält Markus Baumgartner fest. Menschen wollten sich für etwas Positives entscheiden, und Kirchen hätten hier die beste Nachricht anzubieten. «Wir Christen haben einen Wettbewerbsvorteil: Unsere Vergangenheit ist bereinigt, wir müssen keinen Rucksack mitschleppen.» Die Kernkompetenz der Kirche sei Vergebung. «Deshalb können wir immer wieder miteinander anfangen.» Auch wenn Menschen weiterhin Fehler machten – ihnen stünden die Werkzeuge zur Verfügung, die Versöhnung und Neuanfang ermöglichten.

Hillsong in der Kritik

Die weltweite Hillsong-Church ist seit längerem medialer Kritik ausgesetzt. In einem Podcast wird sie «toxische Kirche» genannt. Die Leitenden reagierten jedoch nicht auf Anfragen, meldeten, sie hätten gerade keine Zeit für eine Stellungnahme. Das sei ein kapitaler Fehler, stellt Baumgartner fest. «Wenn ein Vorwurf aufkommt, müssen die Angeschuldigten darauf reagieren. Wenn etwas Schlimmes passiert ist, will die Öffentlichkeit hören, dass es den Verantwortlichen Leid tut und sie etwas dagegen übernehmen werden», betont er.

Für Wichtiges hätten wir immer Zeit, bei einem schweren Unfall reagiere man sofort. «Wer dafür keine Zeit aufbringt, hat schlicht kein Interesse.» Wer auf mediale Angriffe nicht reagiere, überlasse den Journalisten das ganze Feld, könne keinen Einfluss mehr nehmen. «Dann muss man mit dem Schlimmsten rechnen.» So geschehen bei Hillsong: Weitere Folgen vom Podcast vergrösserten den Schaden noch.

 Massnahmen bei medialen Angriffen

Markus Baumgartner nennt für einen solchen Fall drei Schritte:

  1. Abklären, ob der Vorwurf berechtigt ist. Wenn ja, muss man reagieren und den Fehler bereuen.
  2. Massnahmen ergreifen, dass der Vorfall sich nicht wiederholt.
  3. Marketingbotschaft platzieren.

Hillsong sei schon seit Jahren negativ im Gespräch. Wenn die Leitenden nun etwas unternähmen, Verbesserungen anbrächten, könne der gute Ruf wiederhergestellt werden. Florian Wüthrich, Geschäftsleiter von Livenet. fügt an, ICF Zürich habe neu einen Ehrenkodex eingeführt zu Themen wie Finanzen, Sexualität und Umgang mit Macht. Dazu gibt es eine neutrale Ombudsstelle, an die sich Kritiker wenden können. Dies sei vorbildlich und unabdingbar für Kirchen in der Grösse von Hillsong oder ICF, sind sich die Talk-Partner einig.

Wahrnehmung von Freikichen

Mit dem Einstieg von Markus Baumgartner vor drei Jahren verfügt der Dachverband Freikirchen über eine Medienstelle, deren Vertreter jederzeit erreichbar sind. Sie kann tagesaktuell auf Anfragen von Journalisten reagieren und äussert sich aktiv zu relevanten Themen wie zum Beispiel die Heiratsstrafe. Oder sie vermittelt an weitere Fachstellen.

So werden Freikirchen in der Öffentlichkeit vermehrt wahrgenommen. Eine Studie zeigt zudem auf, dass ihre diakonische Arbeit den Staat um rund eine halbe Milliarde Franken entlastet. Auch Baumgartners Dienstags-Mail zeigt regelmässig, dass Christen in der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen werden. «Wenn Wortverkündigung durch praktische Taten ergänzt wird, lässt sich darüber berichten.»

Sehen Sie sich den Livenet-Talk mit Markus Baumgartner an:
 

Zum Thema:
Weiterbildung Medien: Wie kommuniziert deine Kirche?
Weiterbildungstag: Es herrscht Fachkräftemangel in der Kommunikation
Noch zu zurückhaltend: Kirche muss stärker in sozialen Medien präsent sein

Datum: 16.06.2023
Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: Livenet

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung