Faktencheck Christentum

Die dunkle Seite des Humanismus

Auch in der geschichtlichen Vergangenheit kann man vielerorts Kehrseiten entdecken.
«Ein Humanist achtet die Würde jedes Menschen. Er strebt ein Leben ohne Gewalt an, in dem jeder seine Meinung frei äussern darf.» So lautet die Theorie. Andererseits haben Humanisten etwa 150 Mio. Menschen ermordet. Wie passt das zusammen?

Des Rätsels Lösung wird bald offensichtlich, wenn wir uns einmal überlegen, was denn das Wort Humanismus überhaupt bedeutet: den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Dabei ist es unvermeidlich, dass auch dessen negativen Eigenschaften ins Spiel kommen.

In den meisten Berichten über die Geschichte Europas kommt das Christentum sehr schlecht weg. Es wird als unterdrückende, rückwärts gerichtete und ungerechte Religion dargestellt. Nachdem man sich im Laufe der Jahrhunderte von dessen Vorherrschaft löste und diese durch die humanistische Vernunft ersetzte, sei die moderne tolerante Gesellschaft entstanden. So haben es mir einst auch meine Lehrer beigebracht.

Loslösung von der Bibel führte zu Blutvergiessen

Doch das ist eine schielende Darstellung. Die Realität ist ganz anders. In Wirklichkeit führte die Loslösung von der Bibel keineswegs zu «Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit», sondern zu nie vorher da gewesenem Blutvergiessen. Schon bei der französischen Revolution landeten innerhalb kurzer Zeit nicht nur Noble und Priester, sondern auch die meisten Revolutionäre selbst auf dem Schafott, und die Folgekriege führten in ganz Europa zur Ermordung von mehr als fünf Mio. Menschen. Aufgrund der sogenannten humanistisch geprägten «Aufklärung» wurde der Glaube an die Bibel über Jahrhunderte immer mehr ausgehöhlt. Man meinte, damit einen grossen Fortschritt erreicht zu haben. Es waren aber gerade die «aufgeklärtesten» Völker Europas, welche den ersten Weltkrieg starteten, aus ganz menschlichen Motiven, um einander die Weltherrschaft abzujagen. Humanistisch war auch die Philosophie der Nazis im zweiten Weltkrieg, welche nicht nur einen Menschen, sondern eine Rasse zum Götzen erhob. Den Menschen in den Mittelpunkt stellte natürlich auch der atheistische Kommunismus, der noch gewissenloser mordete. Gleich 100 Mio. Menschen soll er gemäss des «Schwarzbuch des Kommunismus» auf dem Gewissen haben. 

Wer also behauptet, dass «alle Kriege Religionskriege» seien, hat keine Ahnung von der modernen Geschichte Europas. Auch der ukrainische Krieg des 21. Jahrhunderts hat nichts mit Religion zu tun, da ja beide Seiten hauptsächlich orthodox sind. Natürlich kann es religiöse Motive zu Kriegen geben, aber das Grundproblem liegt tiefer: im Herzen der Menschen. Darum gibt es Kriege und Gewalt auch dort, wo man die Religion verboten hat. Oder besser gesagt: Dort gibt es erst recht viel Böses und alle Arten von Ungerechtigkeit, weil jeder Respekt vor einem höheren Wesen verloren gegangen ist, der vielleicht noch hätte bremsen können, und weil in der Folge auch der Mensch jeden objektiven Wert verliert.

Jeder Mensch ist potentiell gefährlich

Natürlich gab es ungerechte kirchliche Machtsysteme in Europa, und deren Überwindung war notwendig. Das war vor allem auch deshalb möglich, weil diese von der Bibel selbst hinterfragt wurden. Weder Jesus noch einer seiner Apostel hatten je ein Machtgefüge aufgebaut. Doch wenn die kirchliche Unterdrückung durch eine weltliche ersetzt wird, haben wir nichts gewonnen. Von Anfang an hatte die Bibel ja vor dem Menschen gewarnt. Jeder Mensch, auch der scheinbar Beste, ist potentiell gefährlich. Keinem kann vertraut werden. Jeder muss begrenzt werden. Niemand darf zu viel politische Macht erhalten. Das Problem war nicht, dass despotische Könige sich christlich nannten. Ohne das Christentum wären sie mindestens ebenso tyrannisch gewesen. Das wirkliche Problem war, dass sie als absolute Herrscher Gewalt ausübten, ohne für ihre Verbrechen von jemandem zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Demokratie mit Gewaltentrennung …

Derartige Herrscher gab es bereits vor dem Christentum und auch in nichtchristlichen Ländern. Dass sich Europa allerdings eines Tages weitgehend davon lösen konnte, ist phänomenal. Der moderne Sozialstaat mit einer weltweit einzigartig fairen Verteilung des europäischen Wohlstandes auf grosse Teile der Bevölkerung verdankt aber seine Entstehung nicht der Befreiung des Menschen, sondern gerade im Gegenteil der Tatsache, dass es gelang, ihm Grenzen zu setzen. Der entscheidende Punkt ist dabei die Erfindung der Demokratie mit ihrer Gewaltentrennung.

Nicht die alten Griechen haben die Demokratie erfunden, denn dort waren ja nur Erstgeborene aus auserlesenen Familien überhaupt wählbar. Zur modernen europäischen Demokratie gehört noch viel mehr dazu. Zum Ersten die Gewaltentrennung. Nicht die Gleichen, welche Gesetze beschliessen, sollen sie auch ausführen. Und es gibt nicht nur einen Rat, sondern mehrere. Zudem darf kein Politiker auf Lebenszeit gewählt werden. Der wirkliche Souverän ist letztlich das Volk, nicht eine Einzelperson oder Partei.

… abgeleitet aus der Bibel

Alles ist also darauf ausgerichtet, den unbegrenzten Machtgelüsten des Einzelnen, dessen Familie, Partei oder sogar Religion Grenzen zu setzen. Woher stammt diese Idee überhaupt? Nun, sie wurde nicht zufällig in Europa erfunden. Es war ein englischer Arzt namens John Locke, welcher die Kerngedanken der Demokratie zum Schutz der Menschenrechte so überzeugend darlegen konnten, dass seine Jünger sie mit nach Amerika nahmen und dort in einigen neuentstandenen Kolonien erstmals verwirklichten. Seine Bücher lassen keinen Zweifel daran, dass er die Bausteine zur Demokratie aus der Bibel ableitete. Dort fand er das Paradox, dass einerseits jeder Mensch ein gefährlicher Sünder genannt wird, andererseits aber auch der Schlimmste gleichwertig mit dem Besten sei, weil vom gleichen Gott erschaffen und weil Jesus am Kreuz für alle starb.

Keines der Vergehen, die man der Christenheit vorwerfen kann, hat seine Ursache im Leben von Jesus. Das Problem ist nicht die Bibel, sondern der Mensch, der es fertigbrachte, sogar die friedlichste aller Religionen um seiner Machtgelüste willen, als Kriegsmaschinerie zu missbrauchen, und sie dann genau dafür anzuklagen, vom Thron zu stossen, und sich selber und sich selbstherrlich für seine vermeintlich viel grossartigere «Vernunft» zu krönen. Das kann ja nur zu Katastrophen führen!

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Datum: 24.01.2024
Autor: Kurt Beutler
Quelle: Livenet

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