Talk mit Friedhelm Holthuis

Glaube bedeutet Risiko

Friedhelm Holthuis
Das Buch «Glaube = Risiko» ist Anlass für einen Livenet-Talk. Ruedi Josuran spricht mit dem Autoren Friedhelm Holthuis über das Risiko des Glaubens und die Bedeutung von authentischen und vertrauensvollen Beziehungen.

«No risk, no faith. No faith, no fruit.» Mit diesen Worten aus dem Buch «Glaube = Risiko» begrüsst Ruedi Josuran den Autoren Friedhelm Holthuis zum Livenet-Talk. Friedhelm ist Seniorpastor der Credo Kirche; in Bezug auf sein Buch sagt er: «Es ist mein Anliegen, Menschen zu inspirieren, Gott mehr zu vertrauen.» Nach eigener Aussage trägt er das Herz auf der Zunge und kann durch seine direkte Art auch mal jemandem zu nahe treten.

Ein Date mit Jesus

«Das Wichtigste ist mir, dass viele Menschen ein Date mit Jesus Christus vereinbaren können.» Diesen Satz liest Ruedi aus dem Buch vor und bittet Friedhelm um eine Erläuterung. Dieser geht auf das biblische Bild ein, welches Jesus als Bräutigam und die Gemeinde als Braut darstellt. «Jesus liebt jeden Menschen», erklärt Friedhelm. «Und er möchte als Bräutigam in eine Beziehung kommen.» Da man eine Beziehung nicht erzwingen kann, stellt er sich vor, wie man um jemanden wirbt, ein schönes Restaurant auswählt, sich schön bekleidet. «Da habe ich immer noch keine Garantie, dass sich die Dame meines Herzens in mich verliebt; doch die Chancen sind wesentlich grösser.» Entsprechend sieht er die Aufgabe der Gemeinde darin, ein Date so zu arrangieren, dass Menschen in Kontakt mit Jesus Christus kommen können.

Es geht um vertrauensvolle Beziehungen

Friedhelm bleibt aber nicht nur bei einer romantischen Sprache – zwischendurch wird er auch richtig radikal. In diesem Zusammenhang liest Ruedi eine weitere Aussage aus dem Buch vor: «Wie hoch ist die Chance, dass die Menschen die Liebe Gottes erleben, wenn wir nicht in Freundschaft und Nähe mit ihnen leben? Ich behaupte: Gleich Null.» Friedhelm ist überzeugt, dass Menschen über Vertrauen zu Christen zum Glauben an Jesus finden. Jedenfalls berichten die allermeisten Personen, die zum Glauben gefunden habe, wie zentral dabei die zwischenmenschliche Beziehungsebene war. «Menschen spüren, ob man ein Interesse an ihnen hat.»

Natürlich birgt das Angebot von Freundschaft das Risiko, abgelehnt zu werden. Doch dieses Risiko sei bereits Jesus eingegangen und man könne ja nicht gewinnen, wenn man nicht auch etwas wagt. Deshalb sei es gut, Menschen Vertrauen entgegenzubringen. «Ich glaube, dass Menschen nicht zum Glauben kommen, weil Christen perfekt sind, sondern weil sie authentisch sind.» Und dazu gehört auch der Umgang mit eigenen Fehlern und Schwächen.

Keine Umarmung von Sozialen Medien

Letztlich geht es nicht um Programme, davon ist Friedhelm überzeugt. Gemeindeaktivitäten können sogar dazu führen, uns derart zu vereinnahmen, dass das, worum es bei Kirche wirklich geht, auf der Strecke bleibt.

«Wir haben heute mehr Freizeit als jemals zuvor in der Geschichte der Menschheit», sagt Friedhelm. «Das Leben ist einfacher geworden, doch Beziehungen sind schwieriger, finden oft nur in den sozialen Medien statt.» So praktisch die digitalen Medien auch sein können: Ein Account kann keine Umarmung geben und auch keine Liebe schenken. Letztlich sei es aber die Liebe Gottes und die Liebe von Menschen, die uns satt macht. Was bleibt, ist ein Vakuum, welches Menschen dann auf unterschiedliche Weise zu füllen versuchen. Denn alle sehnen sich nach einem erfüllten Leben. «Dies geht aber nur über die Beziehung zum Schöpfer und die Beziehung zu Menschen.»

Der Wille Gottes kommt zuerst

Im Buch stellt Friedhelm auch Fragen an seine Leser. «Wann hast du zum letzten Mal jemanden in die Kirche gebracht?» oder «Wann bist du das letzte Mal ein Risiko eingegangen?» Er selbst sah sich einem Risiko ausgesetzt, indem er sich vor Gott verpflichtete, permanent einen Drittel seines Einkommens zu spenden. Als er mit diesem Entscheid rang, ertappte er sich bei der Frage: «Wie soll das denn gehen?» Das war Grund genug, im Vertrauen auf Gott den Schritt zu wagen. Inzwischen staunt er, wie alle Rechnungen bezahlt werden können und er sogar noch etwas auf die Seite legen kann. «Gott überrascht mich ständig mit Dingen, die ich überhaupt nicht in der Planung hatte.» Das begeistert ihn. «Wenn ich zuerst danach trachte, was ihm wichtig ist, beginnt er auf einmal damit, mich zu beschenken! Und er kümmert sich darum, dass ich Dinge kriege, die auch mir wichtig sind.»

Wenn das Vertrauen angeschlagen ist

Nun gibt es viele Menschen, deren Gottvertrauen durch harte Lebenssituationen erschüttert worden ist. Wie sollen wir mit solchen Leuten umgehen? «Ich würde nie jemandem etwas Pauschales sagen», hält Friedhelm fest. «Die Biografien sind so unterschiedlich.» Er weiss, wie die Schicksalsschläge des Lebens das Potential haben, den Glauben zu erschüttern und wie schwierig es ist, in gewissen Situationen erneut zu vertrauen. Während er als junger Pastor glaubte, auf jede Frage eine Antwort zu wissen, stellt er jetzt immer mehr fest, dass dies nicht der Fall ist. Stattdessen lernt er, mit den Weinenden zu weinen und sich mit den Fröhlichen zu freuen. Friedhelm glaubt, dass es heute zentral wichtig ist, sich einfach für Menschen zu interessieren, ihnen zuzuhören und an ihrem Leben Anteil zu nehmen. «Für viele ist es schon ein grosser Trost, wenn wir einfach zuhören und präsent sind.»

Friedhelm muss sich selbst immer wieder in Erinnerung rufen, dass das Vertrauen die Essenz seines Lebens ist. Da hilft es ihm, sich an die Gotteserfahrungen der Vergangenheit zu erinnern und dann im Vertrauen mutig vorwärtszugehen.

Hier gehts zum Talk mit Friedhelm Holthuis:

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Datum: 10.01.2025
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

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