Mit 102 Jahren für Gott unterwegs
Für die meisten Menschen wäre es kein grosses Kompliment, wenn man ihnen sagt: «Du siehst so frisch aus wie eine 85-Jährige.» Für Dorothy Gayle Brown schon, denn sie ist fast 20 Jahre älter: 102, um genau zu sein. «Nennt mich Dottie!», erklärt sie fröhlich in einem YouTube-Interview zu ihrer Person. Und wenn sie aus ihrem Leben erzählt, klingt das sehr selbstverständlich, positiv und erstaunlich zukunftsorientiert.
Wie das Geben wichtig wurde
Dottie steht in ihrem Wohnzimmer und wirft einen Blick auf das Regal, wo sie ihre Afrika-Sammlung aufgebaut hat. Elefanten und Giraffen aus Holz erinnern sie an diverse Besuche auf dem Schwarzen Kontinent. Davor steht ein gerahmter Spruch: «Herr, mach mein Leben zu einem Fenster, durch das dein Licht scheint, und zu einem Spiegel, der allen, denen ich begegne, deine Liebe reflektiert.» Irgendwann in den 1960er Jahren fragten sich Dottie und ihr Mann Bill, wie sie das umsetzen könnten. Sie hatten Gott lieb, aber sie fragten sich, wo ihr Einsatz konkret werden könnte.
Gott legte damals seinen Finger auf den Bereich ihrer Finanzen. «Können wir den Zehnten von unserem Einkommen geben? Wollen wir das?» Diese Frage trieb sie eine Weile um, denn sie waren keine Grossverdiener, aber sie entschieden sich dafür, es zu versuchen. Von jedem Gehaltsscheck wanderten von da an zehn Prozent in ihre Gott-Kasse. Ihre erste Erfahrung war: Die restlichen 90 Prozent reichten ihnen zum Leben. Die zweite Erfahrung war ihnen wichtiger, denn sie wurden plötzlich handlungsfähig, wenn ihnen wichtige Projekte in Gottes Reich begegneten. Als zwei Ehepaare aus ihrer Gemeinde als Bibelübersetzer mit Wycliff ausreisen wollten, begannen Dottie und Bill, für sie zu spenden.
Von zu Hause Völker prägen
Die beiden wohnten weiterhin in den USA, arbeiteten, besuchten ihre Kirche, beteten und gaben Geld für Missionsprojekte. Damit waren sie im Herzen weltweit unterwegs. «Die ersten waren die Popoluca», erzählt Dottie. Eigentlich war das keine einheitliche Volksgruppe. Das Wort bedeutet «grunzen, murmeln, unverständlich sprechen» und beschreibt verschiedene Ethnien in Mexiko. Dottie und ihr Mann unterstützten die Bibelübersetzung und Verschriftlichung ihrer Sprache durch Wycliff. Im Laufe von sieben Jahrzehnten folgen insgesamt 17 weitere Bibelübersetzungsarbeiten, die sie mit finanzierten.
Auch mit 102 Jahren erinnert sich Dottie noch an all diese Völker und spricht selbstverständlich von den Tharaka oder den Samburu in Kenia. Sie macht kein grosses Aufheben darum, aber sie freut sich immer noch, dass ihr ein alter Afrikaner bei der Feier zur Fertigstellung einer Bibelübersetzung erklärte: «Das ist Gottes Wort. Ich kann es halten, aber ich kann nicht lesen. Aber mein Enkel geht zur Schule, und er wird es lesen lernen, und dann kann er es mir weitersagen. Jetzt kann ich sterben.»
Was hast du vor, Gott?
Längst ist Bill, ihr Mann, verstorben. Und Dottie fragt sich, warum sie noch lebt: «Ich weiss nicht, warum ich 102 Jahre alt geworden bin, denn ich habe keine guten Gene, weder durch meinen Vater noch durch meine Mutter. Sie sind alle jung gestorben, auch meine Brüder sind beide jung gestorben. Warum bin ich also hier? Ich weiss es nicht, aber Gott verfolgt eine Absicht damit.» Als sie das sagt, schaut Dottie nachdenklich und gleichzeitig entschlossen nach vorne. Offensichtlich hat Gott noch etwas mit ihr vor. Und wenn es nur das ist, ihre Geschichte zu erzählen und zu zeigen, dass es lohnt, sich für Gott einzusetzen.
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Datum: 09.09.2024
Autor:
Hauke Burgarth
Quelle:
Livenet