Tschad-Präsident nennt Christen «Quellen des Segens»
Livenet: Christian Simonin, welche Erlebnisse berühren Sie besonders?
Christian Simonin: Wir halfen mit, die erste Schule für Nomaden
in Guéra zu errichten. Für mich war dies einer der bedeutendsten Momente
in meiner Arbeit in den letzten Jahren. Die Nomaden werden von der
lokalen Bevölkerung deutlich abgelehnt, ihre Kinder werden nicht in den
Schulen aufgenommen. Doch in unseren Augen sind sie wichtig, ebenso in
den Augen Gottes. Oft habe ich Tränen in den Augen, wenn ich diese
kleinen «Schäfchen» sehe, wie sie lernen zu lesen und zu schreiben.
Ebenfalls ging mir der Besuch bei einem einheimischen Missionar in der
Region des Tschad-Sees nahe. Es war bewegend zu sehen, wie er dem Herrn
in diesem kleinen Dorf dient, weit weg von seiner Ursprungs-Region mit
einem Herz, das vor Liebe überläuft, auch wenn das Ganze für ihn nicht
einfach ist. Im Buschgebiet führen wir ein Computer-Ausbildungsprojekt,
vor allem mit Word und Excel. Die drei wichtigsten politischen Führer
der Region, die allein halb so gross wie die Schweiz ist, kamen. Das
zeigt die Bedeutung, die dieses Projekt der Kirche hat. Die Verfassung
des Landes garantiert, dass der Staat säkular ist. Der muslimische
Präsident schätzt die Arbeit, die Christen für den Frieden und die
Entwicklung des Landes leisten. Laut ihm sind Christen Quellen des
Segens.
Wie wirkt die EMT im Tschad?
Wir arbeiten seit mehr als fünfzig Jahren mit den protestantischen
Gemeinden des Tschad. Wir unterstützen Kirchen in biblischer Bildung,
das geschieht durch das Unterstützen von Lehrern in Bibelschulen und
durch Stipendien für Studenten. Dazu kommen medizinische Projekte – wir
helfen einem Krankenhaus und Kliniken – und sozialer Hilfe, indem wir
Grundschulen und Hochschulen unterstützen. Ausserdem leisten wir
Entwicklungsprojekte wie die polytechnische Ausbildung, dazu gehören
Schreinerei, Strom und Photovoltaik, Mauerwerk, Metallarbeiten sowie
Computer, Näh- und Strick-Kurse und die Förderung der Solarenergie.
Die Projekte müssen von den Kirchen initiiert und dann so bald wie möglich selbst verwaltet werden. Die EMT sendet Spezialisten aus verschiedenen Bereichen, welche die Einheimischen ausbilden, so dass sie diese Projekte anschliessend selbst verwalten können. Wir überwachen und unterstützen bei Bedarf aber weiterhin.
Sie eröffneten ein medizinisches Zentrum in Bitkine, wie ist es dazu gekommen und was geschieht da?
Unser Ziel ist, ein Zentrum zu entwickeln, das Behandlungen anbietet,
die nicht bereits im staatlichen Krankenhaus in Bitkine anzutreffen
sind, wie etwa Ophthalmologie, um der lokalen Bevölkerung beizustehen.
Aufgrund des Staubes in der Wüste haben viele Menschen Augenleiden.
Zudem werden Behinderte oft links liegengelassen, es wird nur wenig
unternommen, um ihnen zu helfen. Wir helfen bei diesem Projekt mit, sind
aber nicht dafür verantwortlich.
Was sind die wichtigsten Arbeiten im Tschad?
Unser Hauptziel ist es, die lokalen Gemeinden durch Ausbildung zu
stärken, so dass sie betreffend Besucherzahlen und Qualität wachsen
können. Zudem unterstützen wir verschiedene soziale Projekte sowie
solche in der Entwicklung, damit sie den Menschen nach dem Vorbild Jesu
dienen können.
Sie suchen Menschen für Einsätze, was kann man im Tschad machen?
Die Wüste wächst pro Jahr um zehn Kilometer, unsere Partnerkirchen
bitten uns um Agrarwissenschaftler, um Lösungen zu finden und um
Kulturpflanzen zu verbessern, weil diese von Jahr zu Jahr abnehmen.
Daneben suchen wir Absolventen verschiedener Berufe, seien dies
Computer-Fachmänner, Automechaniker, Schreiner, Physiotherapeuten und
andere, die bereit sind, 6 bis 24 Monate zu bleiben.
Was finden Sie faszinierend im Tschad?
Wenn wir da unterwegs sind, fühlen wir uns an die Zeit von Moses
erinnert, mit Rindern und Kamelen, die aus Brunnen trinken. Ein paar
Dutzend Meter entfernt steht dann eine Telefonantenne, die Menschen sind
via Internet mit dem Rest der Welt verbunden. Oft wünschte ich, dass
ich mich an den Kosten einer Mahlzeit beteiligen könnte, da sie dies
sehr viel kostet. Wir als Europäer haben vieles, das wir von ihnen
lernen können.
Was sind die nächsten Ziele vom EMT?
Wir wollen weiterhin unsere einheimischen Brüder und Schwestern im
Tschad unterstützen, damit sie Salz und Licht in dieser Welt sein
können. Es geht nicht einzig darum, Pastoren auszubilden, sondern auch
Frauen, die Jugend und das Sonntagsschulpersonal – und ihnen allen
beizustehen in den Herausforderungen, vor denen sie stehen.
EMT (französich)
Jahresbericht 2014
Evangelische Mission im Tschad
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Datum: 27.03.2016
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet