Macht Theologie glücklicher als Tiermedizin?
«Über die Fakultäten verteilt sind die Theologen und Theologinnen am gesündesten. Die angehenden Tierärzte und Tierärztinnen haben am meisten gesundheitliche Probleme», fasst der Artikel die Untersuchungsergebnisse eines Tests zur psychischen Gesundheit von Berner Studierenden zusammen. Die Veterinäre erreichen nur 44,7 Punkte auf der Glücksskala, die Theologen immerhin 63,8.
Es ist eigentlich verständlich: 85 Prozent der angehenden Tierärzte sind Frauen, und «das Tierleid geht einem nahe», wie ein Experte erklärt. Aber warum geht es den Theologen so viel besser? Auch hier gibts Erklärungen: Die Fakultät sei klein, die Atmosphäre familiär, und die Studierenden betrachteten es als Privileg, sich «sehr breit gefächert mit den 'grossen Fragen des Lebens' auseinanderzusetzen», wie Vizedekan Benjamin Schliesser erklärt. Ausserdem hätten viele das Theologiestudium «aus einer intrinsischen Motivation heraus gewählt», sprich: aus einer Art persönlichem Glauben. Trotzdem sei das Studium der Theologie kein «Wohlfühlstudium» – es müsse auch hier viel gelernt werden, Fakten, Zahlen und alte Sprachen.
Rotes Tuch Theologie?
Aber: Braucht es überhaupt noch Theologie? Die Frage stellen sich viele. Geht es hier nicht um trockene Theorie, während im Glauben heutzutage doch das persönliche Erleben und die Praxis entscheidend sind – und den Rest der Heilige Geist einem schon sagen wird? Vorsicht! Glaube darf nicht oberflächlich und nur auf dem Hintergrund des eigenen Seelen- und Gefühlslebens geschehen. Rechtes «Reden von Gott» (so die wörtliche Bedeutung von «Theologie») gräbt in der Heiligen Schrift und gibt dem Glauben Wurzeln und Flügel. Es ist wie in allen Fächern: Wer nicht die richtige Theorie hat, wird zu einer schiefen Praxis kommen. Theologie kommt aus dem Willen, tiefer zu graben und dem Glauben einen Boden zu geben.
Dazu muss man natürlich nicht unbedingt studieren. Theologie fängt da an, wo man sich ganzheitlich mit Denken, Wollen und Verstand betend der Bibel aussetzt, auch mal einen Kommentar liest, den Zusammenhang zu verstehen versucht und nicht nur einzelne Verse häppchenweise aus der Bibel rauspickt. Das kann im persönlichen Bibelstudium, aber auch im Hauskreis oder der Jugendgruppe geschehen. Abwehrmechanismen wie «Da hat sowieso jeder eine andere Meinung» zeigen oft, dass man selbst keine hat oder bei seiner Oberflächlichkeit stecken bleiben will. Wir brauchen heute mehr denkende Christen – gerade im scheinbaren Wirrwar der Meinungen.
Vor allem: Sich gründlich mit der Bibel und ihren Aussagen zu beschäftigen, ist befriedigend und macht schlussendlich Freude. Von daher ist das Ergebnis mit den Berner Theologen sicher verständlich.
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Datum: 09.11.2023
Autor:
Reinhold Scharnowski
Quelle:
Jesus.ch / Thuner Tagblatt