«Handel nicht auf Kosten von Menschenrechten»
Mit Indien verhandelt die Schweiz über ein Freihandelsabkommen, während gleichzeitig die Gewalt gegen religiöse Minderheiten im Land zunimmt. Mit Pakistan besteht ebenfalls ein reger bilateraler Handel, während dort eine Gesetzesverschärfung der Verfolgung religiöser Minderheiten Vorschub leistet. Die Arbeitsgemeinschaft für Religionsfreiheit der Schweizerischen Evangelischen Allianz SEA-RES hat Bundesparlamentarier auf diese Situationen aufmerksam gemacht. Diese wollen nun vom Bundesrat wissen, wie diese Menschenrechtsverletzungen mit den jeweiligen Handelspartnerschaften vereinbar sind.
In den letzten Monaten ist im indischen Bundesstaat Manipur im Nordosten des Landes die Gewalt zwischen einer mehrheitlich christlichen und einer mehrheitlich hinduistischen Volksgruppe eskaliert. Das Fass zum Überlaufen gebracht hat die Entscheidung der pro-hinduistischen Regierung, den Hindus auf Kosten der Christen mehr Land und weitere Vorteile zuzuteilen (Livenet berichtete). Neben Schäden an zahlreichen Kirchen und Wohnhäusern von Christinnen und Christen forderte der Konflikt mindestens 180 Todesopfer, zudem sind 70'000 Menschen nach wie vor auf der Flucht. Im Bundesstaat Haryana waren derweil Muslime, ihre Häuser und Geschäfte im Fokus von Gewalttätern.
In der pakistanischen Stadt Jaranwala kam es ebenfalls zu Angriffen auf christliche Ziele – als Begründung dient häufig angebliche Gotteslästerung. Pakistan hat sein von der internationalen Gemeinschaft seit Jahren kritisiertes Blasphemie-Gesetz kürzlich sogar noch verschärft. Dadurch dürfte der Vorwurf der Gotteslästerung künftig vermehrt genutzt werden, um gegen religiöse Minderheiten vorzugehen.
Die Schweiz muss Bedingungen stellen
In beiden Ländern nimmt die religiöse Verfolgung zu. Gleichzeitig unterhält die Schweiz mit beiden Ländern Handelsbeziehungen. Mit zwei Interpellationen wollen die Nationalräte Andreas Gafner (EDU) und Marc Jost (EVP) vom Bundesrat wissen, inwiefern sich die Menschenrechtsverletzungen auf die Handelspartnerschaften mit diesen Ländern auswirken.
Unter anderem stellen die Interpellanten die Fragen, inwiefern die Schweiz im Dialog mit Indien und Pakistan die Gewaltausbrüche bzw. das problematische Blasphemie-Gesetz thematisiert und welche Rolle die Einhaltung der Menschenrechte in den Wirtschaftsabkommen mit Pakistan bzw. in einem möglichen Freihandelsabkommen mit Indien spielt.
Philippe Fonjallaz, Präsident der Arbeitsgemeinschaft für Religionsfreiheit, erklärt: «Die Stärkung von Wirtschaftsabkommen sollte nicht auf Kosten der Menschenrechte und, im Falle von Indien und Pakistan, auf Kosten der Verfolgung religiöser Minderheiten erfolgen. In beiden Ländern sind Christen einer extremen und gewalttätigen Verfolgung ausgesetzt. Die Schweizer Regierung hat die Pflicht, verbindliche Bedingungen zu stellen, die von diesen Regierungen den Schutz religiöser Minderheiten verlangen.»
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Datum: 01.10.2023
Quelle:
SEA