«Zeit für eine neue Ehrlichkeit in unserem Land»
Der 25-jährige Suleiman A. hatte am Freitagvormittag Teilnehmer einer islamkritischen Kundgebung, darunter den Aktivisten Michael Stürzenberger, auf dem Mannheimer Marktplatz angegriffen und sechs Personen verletzt, unter ihnen den Polizeioberkommissar Rouven L. (29), der zwei Tage darauf an den Stichverletzungen starb.
Stürzenberger versucht mit seinem Bündnis «Pax Europa», den politischen Islam zu stoppen. Noch aus dem Krankenhaus meldete er sich am Samstagmorgen: Ein «Stich seitlich in die Brust, der Richtung Lunge ging», hätte lebensgefährlich werden können und folgerte: «Es war richtig knapp gestern.» Und er hielt fest: Die «differenzierte Aufklärungsarbeit über den politischen Islam, die sich nicht gegen modern, freiheitlich und demokratisch eingestellte Moslems richtet», sei wichtiger denn je.
«Unerträglich massiv in die falsche Richtung»
Selbst Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) richtete nach der Messerattacke den Blick auf die Gefahren des Islamismus. «Wenn sich der nahe liegende Verdacht bestätigen sollte, dass es sich tatsächlich um eine islamistische Tat handelt, dann wird es höchste Zeit für ehrliche Debatte über die Gefahren von Islamismus – ohne Naivität, ohne Scheuklappen, ohne doppelte Standards», schrieb Bayaz auf X. «Wer meint, damit stärke man den rechten Rand, dem sage ich: Der wird dann stark, wenn man Populisten das Feld überlässt.» Einer aufgeklärten Gesellschaft sei eine schonungslose Debatte zumutbar, «wenn sie niemanden unter Generalverdacht stellt, aber gleichzeitig die Dinge klar beim Namen nennt», betonte der Grünen-Politiker.
Die Frankfurter Allgemeine FAZ schrieb: «Der Angriff löste eine abermalige politische Debatte über Einwanderung, Islamismus und den politischen Islam aus: Der baden-württembergische CDU-Landesvorsitzende Manuel Hagel forderte eine Grundsatzdebatte über die Ursachen von Gewaltdelikten, die von Migranten begangen werden: `Es wird Zeit für eine neue Ehrlichkeit in unserem Land`, sagte Hagel. Man dürfe nicht länger von Einzelfällen sprechen, der Mannheimer Fall zeige, `wie unerträglich massiv es in die total falsche Richtung` gehe in Deutschland.»
«Verrohung darf so nicht weitergehen»
Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb auf der Plattform X, die Bilder aus Mannheim seien furchtbar. Gewalt, so der SPD-Politiker, «ist absolut inakzeptabel in unserer Demokratie», der Täter müsse streng bestraft werden. Von entsetzlichen Bildern sprach auch der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, fügte jedoch hinzu: «Das ist Terror.» Bundespräsident Steinmeier zeigte sich besorgt über eine «Verrohung der politischen Auseinandersetzung und der wachsenden Gewaltbereitschaft in unserem Land». «So darf es nicht weitergehen. Gewalt gefährdet, was unsere Demokratie stark gemacht hat», mahnte der Bundespräsident.
Deutliche Worte fand auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). «Der Tod des jungen Polizisten berührt mich sehr», schrieb Lindner auf X. «Und mich macht wütend, was in unserem Land passiert. Gegen den islamistischen Terrorismus müssen wir uns zur Wehr setzen», fügte er hinzu. «Die Sicherheitsbehörden werden wir dafür finanziell weiter stärken. Schluss mit falscher Toleranz.»
Polizeigewerkschaft: «Kampagnen bringen nichts»
Auf X bekundeten Polizeibehörden bundesweit unter dem Hashtag #einervonuns ihre Trauer über den Tod des Kollegen. Das nordrhein-westfälische Innenministerium ordnete Trauerflor an Funkstreifenwagen und Streifenbooten der Polizei an. Zudem soll für die Auftritte der Behörden in den sozialen Medien ein virtueller Trauerflor umgesetzt werden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft reagierte betroffen, aber auch wütend. «Die Gewalt, die uns täglich begegnet, ist schonungslos brutal, menschenverachtend und oft tödlich», sagte Landeschef Ralf Kusterer. Die Kampagnen gegen Hass und Hetze würden oft nicht einmal im Ansatz die Probleme treffen, die Polizisten täglich ertragen müssten. «Mit Diskussionen um Demokratie und Meinungsfreiheit erreicht man weder schuld- und deliktsunfähige Täter noch religiöse Fanatiker, deren Gedankenwelt uns völlig fremd und absurd erscheint.»
«Dem Islam den Stecker ziehen»?
Ähnlich äusserte sich der Innenpolitiker Wolfgang Bosbach (CDU) in einem Interview mit der «WELT», die dem YouTube-Video den Reisser-Titel «Dem Islam den Stecker ziehen» gab. Im Interview macht der Politiker – der sich in der Vergangenheit sehr für die Rechte von moderaten Muslimen eingesetzt hat – aber klar, dass man dem «politischen Islam den Stecker ziehen müsse»: «Die Kalifat-Demonstrationen waren eine klare Warnung an unseren Staat, und es wurden keine Konsequenzen gezogen, wie z.B. ein Vereinsverbot. Wir haben sehr hohe Bürden für Ausweisung, auch bei Kapitalverbrechen.» Aktive Islamisten hätten vor der deutschen Justiz keine Angst, allenfalls vor den ausländerrechtlichen Konsequenzen. Sein Fazit: «Wir entfernen uns als Politik meilenweit von dem, was 80 bis 90 Prozent der Bevölkerung als normal empfinden. Wir eiern herum, wir relativieren, wir tabuisieren – weil wir Angst haben: Wenn wir die Dinge beim Namen nennen, sind wir rechts. Das lassen sich immer mehr Menschen nicht gefallen.»
TikTok: Messerangriff verherrlicht
Im Anschluss an die Attacke vom Freitag feierte ein Islamist die Tat auf Tiktok. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) mahnte ein hartes Vorgehen gegen Menschen an, die den Angriff des Täters im Netz verherrlichen. «Den mörderischen Messerangriff zu verherrlichen, ist widerwärtig und menschenverachtend. Wer das tut, muss mit aller Härte des Strafrechts verfolgt werden. Unsere Sicherheitsbehörden gehen dem konsequent nach», sagte Faeser der «Bild am Sonntag».
«Die Presse» Wien schliesslich stellte die naheliegende Frage: «Messerangriff in Mannheim: Wo bleibt die Reaktion der Muslime?»
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Datum: 04.06.2024
Autor:
Reinhold Scharnowski
Quelle:
Livenet