Ein Wahlsieg und drei Lehren
Jeden Tag seiner Amtszeit wolle er für die Amerikaner kämpfen, mit jedem Atemzug in seinem Körper, sagte Donald Trump in seiner ersten Rede nach der US-Wahlnacht. Jene Rede, in der er sich zum Sieger und damit zum amerikanischen Präsidenten erklärte. Für die deutsche Seele ist dieser Satz aus vielen Gründen eine Zumutung: Er ist zu pathetisch. Er ist zu nationalistisch. Er ist in gewisser Weise rückwärtsgewandt, verweist auf Grenzen statt auf Gemeinsamkeiten. Trump kämpft nicht für eine bessere Welt, er kämpft für sich und ein Amerika nach seinen Vorstellungen. Damit muss Europa nun leben. Am 20. Januar wird Trump vereidigt werden. Und er wird seine Politik machen, da können sich Politikprominente in der Bundesrepublik ärgern, so viel sie wollen. Was also nun? Drei Lehren sind aus der US-Wahl zu ziehen:
1. Die Relevanz traditioneller Medien schwindet
Für seinen Wahlsieg hat Donald Trump die klassischen Medien seines Landes nicht gebraucht. Erst recht nicht die internationalen Medien. Noch kurz vor der Wahl verweigerte Trump einem der grössten US-Sender, «CBS», ein Interview. Es hat ihm nicht geschadet. Und: Kurz vor der Wahl erschien etwa der starbesetzte Film «The Apprentice», der Trump als Vergewaltiger, Rassisten und Narzissten zeigt. Auch das konnte ihm nichts anhaben. Ganz zu schweigen von den zahlreichen Prominenten, die sich öffentlich gegen ihn stellten, allen voran der Star einer ganzen Generation, Taylor Swift. Trump braucht keine mediale Unterstützung, zumindest nicht aus dem bisher relevanten Spektrum. Er bedient sich alternativer Medien, Social Media und den ihm ohnehin zugeneigten Häusern wie «Fox News».
Das zeigt: Die Relevanz traditioneller Medien schwindet. Übrigens auch in Europa. Der Sieg Trumps ist zugleich eine dramatische Niederlage der Redaktionen. «Ich glaube ja mittlerweile, die US-Demokraten hätten auch eine Eiche Schrankwand (sic!) aufstellen können und die deutschen Medien wären von dieser unkonventionellen, charismatischen Überfliegerin ganz aus dem Häuschen», schrieb der Comedian Vince Ebert bereits Ende Oktober auf Facebook. Der ehemalige «Bild»-Chef Kai Diekmann gab Ebert am Tag nach der Wahl recht: Zu sehr habe Wunschdenken bei deutschen Journalisten in der Wahlberichterstattung eine Rolle gespielt. Auch deshalb habe öffentlich kaum einer mit Trumps Sieg gerechnet.
2. Europa muss erwachsen werden
Trumps Sieg zwingt Europa dazu, sich um sich selbst zu kümmern. Das zeigt sich beispielhaft am Thema Ukraine. Trump hat im Wahlkampf betont, die Ukraine brauche Frieden und er wolle den Krieg beenden (innerhalb von 24 Stunden!). Zudem pflege er gute Beziehungen auch zu Russland. Es spricht also wenig dafür, dass der neue alte Präsident die militärische Unterstützung der Ukraine in jetziger Form fortführen wird. Wer ein Präsident für die Amerikaner sein will, mit jedem Atemzug, der kümmert sich vermutlich wenig um die Europäer und ihre Kriege. Die USA könnten ihr Selbstverständnis als Weltpolizist, oder positiver: als globale Ordnungsmacht, an den Nagel hängen. Deshalb muss Europa lernen, sich selbst zu verteidigen. Es muss lernen, sich um sich selbst zu kümmern. In der Sicherheitspolitik wie wirtschaftlich.
3. Christen sind gefordert
Es gibt nicht die eine, christliche Politik. Daher ist es nicht überraschend, dass Amerikas Christen sowohl demokratisch als auch republikanisch gewählt haben – auch wenn zur Wahrheit gehört, dass mehr Christen für Trump gestimmt haben. «Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.» In der westlichen Welt sind Kirche und Staat getrennt. Gott sei Dank, möchte man fast schon sagen. Denn so haben Christen die Möglichkeit, Versöhnung zu üben – und das scheint bitter nötig. Die politischen Lager in den USA sind zerstritten, dämonisieren sich gegenseitig. Debatten um Abtreibung, Geschlechtsumwandlungen, gleichgeschlechtliche Ehen, Migration oder den Lebensstil von Trump führen zu tiefen Verwerfungen, auch unter der amerikanischen Christenheit. Durch Gemeinden und Familien geht ein grosser Riss. Ob Trump in der Lage ist oder überhaupt die Notwendigkeit sieht, das Land zu versöhnen, darf bezweifelt werden. Deswegen sind Christen umso mehr gefordert.
Dieser Kommentar erschien zuerst beim Pro Medienmagazin.
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