Coole Kirchen öffnen die Türen
Im Ulmer Münster, der grössten evangelischen Kirche in Deutschland, wird es auch bei Aussentemperaturen von über 30 Grad Celsius nie wärmer als 18 Grad. Da leuchtet es ein, dass Kommunen mittlerweile auf christliche Gemeinden zugehen, um Kirchen als kühle Orte in Hitzeschutzpläne zu integrieren. In München etwa sind 79 katholische Kirchen und kirchliche Einrichtungen im städtischen Hitzeschutzkonzept zu finden, das erst im Juni verabschiedet wurde, wie das Erzbistum München und Freising dem Evangelischen Pressedienst (epd) mitteilt.
Nicht nur die Liebfrauenkirche unweit des Marienplatzes taucht darin auf, in fast jedem Stadtviertel findet sich eine offene Kirche. Ähnlich ist es in Mannheim. Hier bietet die Stadt sogar eine interaktive Karte im Internet an, auf der man gezielt nach kühlen Orten suchen kann. In der Kategorie «Kühler Ort Innen» finden sich auch Kirchen wie die evangelische Christuskirche. Einige evangelische Gemeinden in Karlsruhe sind dieses Jahr erstmals bei der Aktion #KühleKirche dabei, um Abkühlung, Trinkwasser und ein Zur-Ruhe-Kommen anzubieten, wie es in einer Mitteilung heisst. Kirchen haben einen Vorteil, vor allem für wohnungslose oder von Armut betroffene Menschen: Sie kosten meist keinen Eintritt.
Nicht jede Kirche geeignet
Der Aufruf an Kirchengemeinden, ihre Kirchengebäude als «Kühle Kirchen» zur Verfügung zu stellen, wird auch von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) unterstützt. Kirchen seien immer schon Schutzräume gewesen, sagt der EKD-Sozialreferent Steffen Merle. Egal, ob im Winter bei Kälte oder im Sommer vor Hitze. «Der Kirche tut es gut, ein Ort zu sein, der nicht nur Sonntagmorgen von 10 bis 11 Uhr geöffnet ist», sagt er. Das sei vielerorts bereits der Fall. «Ich wünsche mir aber auch, dass man kühle Kirchen nicht nur öffnet, damit Menschen sich dort reinsetzen, sondern auch, um Raum für Gespräche zu öffnen.»
Natürlich eigne sich nicht jede Kirche, erklärt Merle. Von den rund 20'000 evangelischen Kirchen und Kapellen in Deutschland kommen nicht alle baulich oder auch geografisch infrage. Vor allem zentral gelegene, gut erreichbare und ältere Kirchen mit dicken Steinmauern sind gut geeignet. Wichtig sei aber auch, dass es Menschen vor Ort gebe, die nicht nur nach dem Rechten sähen, sondern auch ansprechbar seien, sagt der EKD-Referent. Einige der 20 Landeskirchen der EKD unterstützten das Konzept der offenen Kirchen strategisch. Landeskirchen helfen beispielsweise bei Fragen nach der vorhandenen Versicherung für Menschen und Gebäude, etwa gegen Unfälle, Diebstahl oder Vandalismus. Sie beteiligen sich an den Kosten, etwa für Versicherungsleistungen oder fördern ehrenamtliches Engagement.
«Auf Gastfreundschaft kommt es an»
In der Landeskirche Hannover, die sich über weite Teile von Niedersachsen erstreckt, gibt es das Konzept der «verlässlich geöffneten Kirchen». Solche Kirchen haben als Erkennungszeichen an der Aussenmauer eine stilisierte weisse Kirche in einer blauen Raute. Eine Online-Karte verzeichnet alle Standpunkte von Clausthal-Zellerfeld im Harz bis Ostfriesland. In der Landeskirche Hannover sind es allein mehr als 400 Kirchen, in ganz Niedersachsen noch mehr.
Für Beate Strecher, Pastorin und Referentin für «Kirche im Tourismus» von der hannoverschen Landeskirche, kommt es dabei nicht so sehr darauf an, ob immer jemand vor Ort oder alles rundum versichert ist, sondern darauf, ob im Foyer vielleicht eine Flasche Mineralwasser und ein paar Gläser für Besucher stehen. Auf einen «liebevollen Blick» auf die Besucher, eben auf Gastfreundschaft komme es an, sagt sie.
Nur in etwa einem Viertel der Kirchen seien auch Ehren- oder Hauptamtliche vor Ort. Gerade in kleineren Dorfkirchen reiche es, wenn jemand auf- und zuschliesse oder Gemeindemitglieder nach dem Einkaufen auf dem Weg nach Hause mal in der Kirche vorbeisähen. «In offenen Kirchen passiert in der Regel nichts», sagt Strecher. Vandalismus oder Diebstahl gebe es eher in geschlossenen Kirchen, wo niemand einfach hereinkommen könne.
Dieser Artikel erschien bei Pro Medienmagazin.
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Datum: 09.08.2024
Autor:
epd
Quelle:
Pro Medianmagazin