Grossbritannien: Wenn stilles Beten eine Straftat ist
Die «Robert Clinic» in Birmingham unterliegt einer Schutzanordnung für den öffentlichen Raum (Public Space Protection Order, PSPO), die Pro-Life-Aktivitäten in einem Umkreis von 150 Metern um das Klinikgelände verbietet. Isabel Vaughan-Spruce wurde von einem der sechs anwesenden Polizeibeamten darauf hingewiesen, dass es ein «Vergehen» sei, in dieser Pufferzone zu beten. Als Vaughan-Spruce erklärte, dass sie lediglich «still» gebetet habe, antwortet der Beamte: «Aber Sie haben trotzdem gebetet. Das ist eine Straftat.»
Gericht: Stilles Gebet ist kein Vergehen
Die Verhaftung erfolgte nur wenige Wochen, nachdem Vaughan-Spruce für «nicht schuldig» befunden worden war, Nutzer von Abtreibungskliniken eingeschüchtert zu haben, nachdem sie im vergangenen Jahr wegen stillen Betens innerhalb einer Pufferzone verhaftet worden war – obwohl die Klinik zu diesem Zeitpunkt geschlossen war. Sie und der katholische Priester Pater Sean Gough wurden vom Birmingham Magistrates' Court von den Anklagen freigesprochen.
Zu ihrer jüngsten Verhaftung erkärte sie denn auch: «Erst vor drei Wochen wurde vom Gericht klargestellt, dass meine stillen Gebete kein Verbrechen sind. Und doch wurde ich wieder verhaftet und als Kriminelle behandelt, weil ich genau dieselben Gedanken in meinem Kopf hatte, und zwar am selben Ort.» Und sie fuhr fort: «Die Zweideutigkeit von Gesetzen, die die freie Meinungsäusserung und das freie Denken einschränken – selbst bei friedlichen, einvernehmlichen Gesprächen oder beim stillen, inneren Gebet – führt zu völliger Verwirrung und beeinträchtigt wichtige Grundrechte.»
«Unverhältnismässiges und schlecht geschriebenes Gesetz»
Vaughan-Spruce wird von der Alliance Defending Freedom (ADF UK) unterstützt. Jeremiah Igunnubole, Rechtsberater der ADF und ihr Verteidiger, sagte: «Die plumpen Versuche, Isabels Gebete wiederholt zu kriminalisieren, und die offensichtliche Verwirrung der Polizeibeamten über den Status der Gedankenfreiheit im Rahmen des Gesetzes machen deutlich, dass zensorische 'Pufferzonen' in einer demokratischen Gesellschaft keinen Sinn machen.»
Er fuhr fort: «Wir sind alle entschieden gegen Belästigung auf öffentlichen Strassen. Belästigung ist illegal. Eine Überprüfung der Regierung im Jahr 2018 hat aber ergeben, dass Belästigungen in der Nähe von Abtreibungseinrichtungen selten sind; die häufigsten Aktivitäten dort sind friedliche Gebete und Angebote karitativer Hilfe.» Und weiter: «Die Regierung kam damals zum Schluss, dass Zensurzonen unverhältnismässig sind. Seitdem wurden keine weiteren Überprüfungen durchgeführt. Was hat sich nun geändert?»
Catherine Robinson, Sprecherin der Pro-Life-Gruppe Right To Life UK, sagte: «Nicht nur ist Isabels Verhaftung ein Skandal, sondern auch das PSPO, die das stille Gebet verbieten kann oder auch nicht, ist ein extrem schlecht geschriebenes Gesetz.» Die Tatsache, dass die gleiche Person erneut für eine Aktivität festgenommen wurde, für die sie drei Wochen vorher freigesprochen wurde, zeige, dass es wenig Klarheit auf der lokalen Ebene gebe. Robinson: «Es macht keinen Sinn, dass die Abgeordneten die gleiche Verwirrung auf nationaler Ebene einführen.»
Unterhaus billigt Pufferzonen auf nationaler Ebene
Trotz allem: Einen Tag nach der Verhaftung Isabel Vaughan-Spruces billigte das britische Unterhaus ein nationales Gesetz zur Einrichtung von «Pufferzonen» um Abtreibungseinrichtungen, das eine Vielzahl von Verhaltensweisen, einschließlich des stillen Gebets, verbietet. Der Gesetzgeber lehnte einen Änderungsantrag ab, Gebete und «einvernehmliche Gespräche» als erlaubt gelten zu lassen. In einem Kommentar in der «Washington Times» wird das Gesetz von Gegnern als «Schlag gegen die individuelle Freiheit» in Grossbritannien bezeichnet.
«Die heutige Abstimmung markiert einen Wendepunkt für die Grundrechte und -freiheiten in unserem Land», zitiert die Zeitung Jeremiah Igunnubole. Das Parlament habe sich entschieden, Zensur zu unterstützen und friedliche Aktivitäten wie das stille Gebet und einvernehmliche Gespräche zu kriminalisieren. Heute gehe es um Abtreibung, morgen könnte es «ein anderes umstrittenes Thema der politischen Debatte sein», so Igunnubole. Die Regierung «dürfe niemals in der Lage sein, jemanden für das Gebet zu bestrafen, geschweige denn für das stille Gebet und das friedliche und einvernehmliche Gespräch».
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Datum: 14.03.2023
Autor:
Reinhold Scharnowski
Quelle:
Livenet / Christian Today / ADF UK