«Unsere Liebe blühte wieder auf»
Im Garten stehen zwei mannshohe Hände aus Holz, die durch einen Metallstab verbunden sind. Sie sollen Gottes Verbundenheit mit den Menschen symbolisieren. Vor der Haustür grüsst ein hölzernes Erdmännchen. «Das habe ich für Barbara gemacht», sagt Marc Schmed und schmunzelt. Der 47-Jährige hat Kunst studiert und unterrichtet heute einen Tag pro Woche am Sportgymnasium Davos Bildnerisches Gestalten.
Glaube ist mehr als Kirche
Aufgewachsen in Disentis, besuchte er das Gymnasium der dortigen Klosterschule. Die Messe gehörte zum obligatorischen Unterricht. Durch seine Mutter hatte Marc die lebensverändernde persönliche Beziehung mit Jesus als wichtige Lebensgrundlage erfahren. «Allerdings hatte ich als Teenager das Gefühl, die Freundschaft mit Jesus als Einziger zu leben», erzählt Marc. «Im Religionsunterricht schoss ich scharf gegen die katholische Kirche – mein Lehrer, ein Mönch, nahm dies jedoch hin, kritisierte mich nicht.» Das imponierte dem Jugendlichen – er merkte, dass Glaube tiefer geht als eine Kirchenzugehörigkeit.
Irrfahrt ins Glück
Während seiner Studienzeit in Luzern wollte Marc mit Freunden im Emmental ein Open-Air-Konzert besuchen. Sie nahmen weitere Musikfreunde mit. So sass auch Barbara aus dem Aargau im Auto. Doch das Ziel erreichten sie nicht rechtzeitig. «Damals gab es noch keine Navis – und wir irrten so lange herum, bis der Anlass zu Ende war…», berichtet Marc. Die Zeit hatte gereicht, um sich gegenseitig zu beschnuppern. Barbara und er führten den Kontakt weiter, ein halbes Jahr später waren sie ein Paar. 2001 heirateten sie noch während seines Studiums – inmitten der Bündner Bergwelt. Die Trauung nahm ihr Pastor aus einer Freikirche vor, wo sie beide inzwischen eine geistliche Heimat gefunden hatten.
Wohin sollen wir gehen?
Marc zog mit der gelernten Malerin nach Luzern. Dort engagierten sie sich in der Jugendarbeit einer Freikirche. Marc war auf der Suche nach einer Stelle in der Innerschweiz, denn Barbara hatte ihm gesagt: «Ich komme mit dir überall hin, nur nicht nach Disentis oder in die Berge!» So begann ihr Ehemann mit einem Freund intensiv für diese Entscheidung zu beten. Marc erinnert sich: «Ich bat Gott, mir zu zeigen, wo er mich haben wollte.»
Doch er bekam keine Antwort. Er schrieb Bewerbungen – ohne Erfolg. Als ihm in der Badewanne im intensiven Dialog mit Gott eine Bibelstelle aufpoppte, las er sie nach: «Hab keine Angst – ich werde dir das Land geben» (Josua, Kapitel 1, Vers 9). Am nächsten Tag rief er bei seiner alten Schule in Disentis an und fragte, ob eine Stelle frei sei. Der Mönch am Apparat war der Rektor, sein ehemaliger Lehrer. Noch während des Gesprächs erhielt Marc eine Zusage. Jetzt war Barbara herausgefordert – aber sie merkte, dass es Gottes Wille war und willigte ein.
Familienzuwachs
Bis 2020, insgesamt 17 Jahre, unterrichtete Marc in Teilzeit an der Schule, die er einst selbst besucht hatte. Nach einigen Jahren begann er ein Fernstudium in Theologie. 2004 erblickte der erste Sohn das Licht der Welt, am Samichlaus-Tag 2006 der zweite: Josia. «Der Kinderarzt schaffte es nicht, uns zu gratulieren», erinnert sich Marc. Doch Barbara und er schlossen ihren kleinen Sohn mit Down-Syndrom sofort ins Herz. Sie hatten von der Nackenfalte gewusst, die darauf hinweist. Mit der Geburtsanzeige verschickten sie einen Brief, in dem Josia die Leser direkt auf seine Besonderheiten ansprach, und erhielten positive Reaktionen.
Loslassen
Drei Monate später erkrankte der Kleine als Folge einer viralen Infektion an einer Hirnhautentzündung, hatte einige Stunden leichtes Fieber, wurde apathisch. Der Kinderarzt liess den Säugling mit der Rega ins Spital Chur fliegen – als die Eltern dort eintrafen, lebte ihr Baby nicht mehr. «Wir trauerten sehr um Josia, beide auf unterschiedliche Weise», hält Marc fest. «Ich reagiere eher kognitiv, Barbara mehr emotional, aber wir haben viel miteinander geredet.»
Leben ist wertvoll
Nach dem Tod von Josia wurde dem Ehepaar empfohlen, eine Selbsthilfegruppe zu besuchen. Doch als Barbara von ihrem Schmerz sprach, dass sie ihr Kind auch mit Down-Syndrom angenommen hatte, während sich manch andere Frau für eine Abtreibung entscheiden würde, handelte sie sich von der Leiterin scharfe Kritik ein. Das war der erste und letzte Besuch für Barbara und Marc in dieser Gruppe. Auch von Leuten hören zu müssen: «Es ist vielleicht besser, dass er gestorben ist…», schmerzte sehr. Josias Foto hängt neben den Bildern seiner Brüder in der Stube. «Er gehört zu uns – und wer kann beurteilen, ob er sein Leben nicht genossen hätte?», gibt Marc zu bedenken. Er habe einmal mehr gelernt, Gott zu vertrauen – über den Tod hinaus.
Geschenkte Kinder
In dieser Zeit beschloss das Elternpaar, einen kleinen Jungen, den sie oft gehütet hatten, als Pflegekind anzunehmen. Am Wochenende und während der Ferien lebte der Bub bei ihnen, während der Woche in einer Wohngruppe der Stiftung «Gott hilft» in Zizers. 2010 wurden Barbara und Marc nochmals Eltern, ein vierter Sohn wurde ihnen geschenkt.
Ehekrise
Zu dieser Zeit besuchte Familie Schmed die Freie Evangelische Gemeinde in Ilanz, wo Marc zum Leitungsgremium gehörte. «Ich war sehr beschäftigt und gefordert – dreimal in der Woche fuhr ich nach Ilanz, nachts studierte ich online Theologie, um 6 Uhr früh stand ich auf, um zur Arbeit zu gehen.» Das Paar hatte kaum noch Zeit füreinander und rutschte in eine heftige Ehekrise. Marc betont: «Scheidung war für uns beide keine Option – aber nebeneinander herdümpeln wollten wir auch nicht…»
Hilfe von oben
«Wir sprachen mit einem Seelsorger, doch die Situation änderte sich nicht wirklich», gesteht Marc. Bis er anfing, mit einem Freund für seine Ehe zu beten: «Wir liefen durch die Natur und schrien zu Gott um Hilfe. Ich musste lernen loszulassen, Gott wirken zu lassen.» Eines Tages stellte Barbara fest: «Ich habe einen neuen Mann bekommen!» Gott hatte ihre Herzen verändert, Marc ging mehr auf sie ein, nahm sich mehr Zeit für die Familie. «Unsere Liebe blühte wieder auf», halten beide dankbar fest.
Höher hinauf
Alsbald zog Barbara mit ihrem Mann noch höher hinauf in die Berge, wo er eine Stelle als Pastor der Freien Evangelischen Gemeinde annahm; im denkmalgeschützten Gebäude der ehemals anglikanischen Kirche. «Davos ist ein besonderer Ort», sagt Marc. Während des Weltwirtschaftsforums (WEF) im Januar steht die höchstgelegene Stadt Europas jeweils im Zentrum des Weltinteresses. Er schätze die Gelegenheit sehr, in dieser Zeit spannenden Menschen zu begegnen. Seine Kirche plant nächstes Jahr verschiedene Anlässe anzubieten, um WEF-Teilnehmenden und Interessierten von der Hoffnung in Jesus zu erzählen.
Aufbruch
«Barbara könnte alle fünf Jahre Neues anpacken – mir fällt das eher schwer», gibt Marc zu. Doch Gott habe sie an eine neue Aufgabe in der FEG Sargans herangeführt. Zusätzlich meldete ihr Hausbesitzer Eigenbedarf an und Barbaras Teilzeitstelle in einem Gastrobetrieb wird aufgehoben. Die Familie wird also weiterziehen. «Gott fügt die Puzzleteile zusammen. Er hat unser Leben und das Weltgeschehen in der Hand – es wird gut herauskommen», ist Marc überzeugt. «Bei Jesus finden wir Frieden. Diese Hoffnungsbotschaft kann ich überall mit Menschen teilen. Wichtig ist, dass ich mich von Gott gebrauchen und führen lasse.»
Zur Person:
Einer Ihrer Lieblingsplätze in der Region?
Der Schwarzsee in Davos Laret
Was bringt Sie zum Lachen?
Fröhliche Menschen mit Humor
Worüber denken Sie oft nach?
Worum geht es im Leben wirklich?
Lieblingsserie oder Lieblingsbuch?
THE CHOSEN, eine Serie über das Leben von Jesus
Was wäre der Titel Ihrer Autobiografie?
Vom Stotterer zum Kämpfer
Was ist eine der eindrücklichsten Lektionen in Ihrem Leben?
Der Tod unseres Josias
Wenn Sie nochmal anfangen könnten, was würden Sie anders machen?
Gewisse Dinge weniger ernst nehmen
Datum: 28.01.2025
Autor:
Mirjam Fisch
Quelle:
Hope Regiozeitung